Schockbilder sorgen für Comeback des Zigarettenetuis
Seit Ende Mai sollen Schockbilder auf Zigarettenpackungen abschreckend wirken. Viele Raucher verpacken ihre Zigaretten deshalb anders.
Essen.
Sie kommen und kaufen ihre Zigaretten. „Wie immer“, sagt Dirk Boretzki, Betreiber des „Kult Kiosk“ in Bochum. Aber sie fragen. „Haste keine alten Packungen mehr, ohne diese Bilder?“ Hat Boretzki nicht. „Ich hatte mich bevorratet“, sagt er. „Aber der Platz im Kiosk ist ja nicht endlos.“ Ein paar Wochen hat es gereicht, nachdem Ende Mai dieses Jahres die ersten Ekelbilder groß auf den Packungen prangen müssen, alte Bestände aber noch ein Jahr weiterverkauft werden dürfen. Doch schon drei Monate später sind die alten Verpackungen nahezu überall im Revier ausverkauft. Dafür feiern Zigarettenetuis ihr Comeback. Und viele Raucher beginnen zu basteln.
Wer mitgedacht hat, hat leere, unbebilderte Packungen gebunkert. So wie Marlene Weber aus Dortmund. „Ich fülle immer um“, sagt die 56-Jährige. Geht schnell, ist aber wohl keine Dauerlösung. „Die ersten alten Schachteln sind schon kaputt“, klagt Weber. Vielleicht will sie sich nun selber welche basteln. „Im Internet gibt es ganz viele Vorlagen.“
Selber basteln? Mario (22) aus Herne winkt ab. „Nichts für mich. Ich bin Grobmotoriker.“ Aber auch er will nicht mit „diesen fiesen Schachteln“ herumlaufen. Ihn persönlich stören die Bilder von Raucherbeinen oder Tumoren zwar nicht, „aber wenn ich die mal auf den Tisch lege, beschwert sich meine Freundin sofort. Und überhaupt: „Wenn Kinder das sehen.“
Der Markt für Etuis galt eigentlich als „tot“
Der gebürtige Italiener hat sich jedenfalls ein Zigarettenetui gekauft. Und er ist nicht der einzige. Zwar gibt es noch keine genauen Zahlen aber „bei uns ist der Bär los“, freut sich Philipp Pietsch, Geschäftsführer von Tabak-Pietsch und Inhaber der Marke „Germanus“, die in Bergisch Gladbach Zubehör für Raucher vertreibt.
Bis in die mittleren 1970er-Jahre lief das Geschäft nicht schlecht. Bis dahin galten die Zigarettenschachteln aus Metall mit dem typischen Stoffgummiband als Halterung als ein typisch männliches Accessoire. Selbst James Bond verwahrte seine Glimmstängel darin – als er noch rauchte. „Mit so einem Etui“, findet Pietsch, „zelebriert man das Rauchen ein wenig.“
Trotzdem galt der Markt für Etuis eigentlich „als tot“. „Da ging viele Jahre gar nichts mehr“, sagt Pietsch. Seit Einführung der Schockbilder aber wachsen die Bestellzahlen wieder. Der Geschäftsführer kann das verstehen. „Mittlerweile sieht so eine Packung ja aus, wie ein medizinisches Journal.“ Wer ihnen entkommen will, hat die Wahl. Es gibt mit Echtgold bezogene Etuis, schlichte Silberoptik oder die mit Leder überzogene Variante. „Sehr beliebt“, weiß Pietsch. Bei zehn Euro geht es los, Luxusvarianten kosten mehr.
Es wird kaum weniger geraucht
Auch im Internet boomt die Branche. Bei Ebay waren Zigarettenetuis in den vergangenen Wochen immer wieder unter den meistgesuchten Artikeln. Die einfachste Variante ist dabei eine Papp- oder Gummischachtel als Umhüllung für die Schockbilderpackungen. Doch dabei gilt es aufzupassen, um die richtige Größe zu erwerben. Schließlich gibt es Zigarettenpackungen mittlerweile in fünf verschiedenen Variationen. Bei den flachen Etuis ist das egal, bei ihnen wird ja umgepackt.
Eine Gefahr für das Geschäft, könnte dann auch nur die sinkende Zahl der klassischen Raucher werden. Aber das macht Pietsch kaum Angst. „Die Nachfrage wird vielleicht nicht so bleiben“, sagt er. „Aber so ganz werden die Etuis auch nicht wieder verschwinden.“ . Da glaubt Dirk Boretzki auch. „Bisher“, hat er festgestellt, „haben wegen der Bilder nur wenige aufgehört zu rauchen.“