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Roy Horn wird 69 – sein Leben nach dem Tiger-Angriff

Roy Horn wird 69 – sein Leben nach dem Tiger-Angriff

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Foto: dpa
Siegfried & Roy, ein magisches Paar – bis vor zehn Jahren der Magier Roy von seinem Tiger attackiert wurde. Er galt bereits als klinisch tot, doch Roy Horn gab nicht auf und kann heute wieder sprechen und laufen. Am Donnerstag feiert er seinen 69. Geburtstag.

Las Vegas. 

Er feiert am Donnerstag seinen 69. Geburtstag. Viele nennen das ein Wunder. Denn auf den Tag genau vor zehn Jahren hat er nach dem Angriff eines Tigers klinisch tot auf einer Bühne in Nevada gelegen. Hat keinen Herzschlag, keine Hirnströme mehr, aber dafür ein faustgroßes Loch in der Schulter und eine durchtrennte Halsschlagader. Dazu einen Schlaganfall und Hirnverletzungen.

Selbst die Ärzte haben anfangs kaum noch Hoffnung. Mehr als das „Niveau eines Kleinkindes“ werde er nicht mehr erreichen. Sie täuschen sich. Ein Jahrzehnt später kann Roy Horn schon lange wieder sprechen, kann laufen. Und das alles ganz ohne Magie.

15.000 Auftritte ohne größere Zwischenfälle

Sein Leben aber hat sich geändert, seit jenem Abend. Von hundert auf Null in ein paar Sekunden. Völlig unerwartet und vor 1500 Zuschauern im Show-Saal des Mirage-Hotels in Las Vegas. Fast die Hälfte ihrer 15.000 Auftritte haben sie auf dieser Bühne gestanden und die Zuschauer verblüfft mit ihren Tricks. „Meister des Unfassbaren“ werden sie genannt, „Siegfried & Roy“ nennen sie sich selber, seit sie Anfang der 1960er-Jahre auf dem Kreuzfahrtschiff Bremen erstmals aufeinander trafen. Roy Horn, der Page und Siegfried Fischbacher, der zaubernde Entertainer.

Einen Hasen lässt Fischbacher dort regelmäßig verschwinden. Nichts Besonderes. „Nimm doch lieber einen Geparden“, schlägt Horn vor und bietet seine Mitarbeit an. Siegfried willigt ein, die Show wird ein Erfolg und aus den beiden Deutschen ein Paar – auf der Bühne und abseits davon auch.

Über Monaco und das Lido in Paris nimmt die Karriere Fahrt auf und führt die beiden in den 1970ern nach Las Vegas. Aus dem Gepard ist da längst ein Rudel weißer Tiger geworden, um die herum die Magier ihre Show aufbauen. Kaum ein großes Casino am Strip, in dem die Zauberer nicht irgendwann einmal auftreten, bis das berühmte Mirage ihnen 1990 ein eigenes Theater baut und sie auf Dauer verpflichtet. 10,5 Millionen begeisterte Zuschauer sehen ihnen im Laufe der Jahre zu, mehr als 1,5 Milliarden Dollar verdient das Casino an ihnen.

Siegfried & Roy sind ganz oben. Stern auf dem „Walk Of Fame“, Wachsfigur bei Madame Tussauds und geehrt mit dem Titel „Magier des Jahrhunderts“. Es könnte nicht besser laufen, bis zu jenem schicksalhaften Abend im Jahr 2003.

Wie genau es zum Unglück kam, ist bis heute nicht ganz geklärt. Augenzeugen der Show erinnern sich an einen völlig überraschenden Angriff von Horns Lieblingstiger „Montecore“. Roy selbst spricht von einem Schwächeanfall, der ihn straucheln ließ und glaubt, seine Lieblingsraubkatze habe ihm nur helfen wollen. „Er hat mich ja nicht angefallen, er hat mich gerettet. Wie jede Hauskatzen-Mama hat ‘Montecore’ das Junge aufgehoben und in Sicherheit gebracht“, sagt er in einer Doku des TV-Sender Vox (3. Oktober, 20.15 Uhr).

Tage zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Leben und Tod

Tagelang schwebt Horn zwischen Leben und Tod, kann sich lange Zeit nur per Handzeichen verständigen, ist bis heute halbseitig gelähmt. Aber der stets etwas zu braun gebrannte und von vielen als Softie belächelte Mann gibt nicht auf, kämpft sich mit eiserner Disziplin – aber natürlich auch betreut von den besten und teuersten Medizinern – ins Leben zurück. „Jeden Tag tausend Schritte machen – das ist die Devise, die ich angenommen habe.“

Heute leben Siegfried und Roy zurückgezogen in ihrer Residenz „Little Bavaria“ in Las Vegas. Zusammen kümmern sie sich um 45 ihrer berühmten weißen Tiger, für deren Artenschutz sie sich seit Jahrzehnten einsetzen. Ja selbst „Montecore“, den Roy einst als Baby mit der Flasche aufzog, wird vom Magier im Ruhestand nach wie vor liebevoll betreut. „Er ist“, sagt Roy – und klingt ganz ernst dabei – „mein Bruder“.