Vor fast zwei Jahren wurde bekannt, dass der ehemalige Schalke-Manager Rudi Assauer an Alzheimer erkrankt ist. Nun haben Freunde und Familie die „Rudi Assauer-Initiative Demenz“ ins Leben gerufen. Sie wollen seinen Namen und sein Schicksal nutzen, um das noch immer tabuisierte Thema in die Gesellschaft zu tragen.
Gelsenkirchen.
Oben auf den Bildschirmen im Medienzentrum der Veltins-Arena sind Fotos eingeblendet, auf denen er zu sehen ist, wie man ihn kannte. Rudi Assauer, der Manager, der Macho, der Strahlemann. Da stand er noch mitten im Leben, war sozusagen von dieser Welt. Seit bald zwei Jahren ist das nicht mehr so, seit er an Alzheimer erkrankte.
An diesem Spätsommertag sitzen Menschen, die ihn mögen, die ihn schätzten, auf dem Podium, auf dem er selbst so manche Pressekonferenz abhielt, und geben die Gründung einer Initiative bekannt, die seinen Namen trägt: die „Rudi Assauer-Initiative Demenz und Gesellschaft“.
Werner Hansch, der Freund und Sportmoderator, ist dabei. Fritz Pleitgen, der ehemalige WDR-Intendant, mit dem er in besseren Zeiten über Übertragungsrechte verhandelte. Franz Müntefering, mit dem er sich einst gegen die rechte Szene im Fußball verbündete. Und natürlich Assauers Tochter Bettina Michel, seine Sekretärin Sabine Söldner. Sie alle erleben mit, konnten zumindest beobachten, wie diese Krankheit den früheren Schalke-Manager veränderte und wollen seinen Namen, sein Schicksal nun nutzen, das immer noch tabuisierte Thema Alzheimer in die Gesellschaft zu tragen.
Assauer geht es gut
„Sie wollen sicher wissen, wie es Rudi Assauer heute geht. Ich kann Ihnen sagen, wir waren Montag noch mit ihm essen, es geht ihm, gemessen am Grad seiner Erkrankung, ausgesprochen gut“, erklärt Werner Hansch gleich zu Anfang. Hansch sowie Wilfried Jacobs, der frühere Präsident von Borussia Mönchengladbach, sind die Initiatoren der neuen Rudi-Assauer-Gesellschaft.
Ihnen geht es vor allem um die Förderung vorhandener Initiativen in Deutschland, um einen anderen, bewussteren Umgang damit. So werden sie noch im Oktober Wissenschaftler, Selbsthilfe-Organisationen und Gesundheitspolitiker zu einer Diskussion in die Bayer-Arena in Leverkusen einladen. Und vor Weihnachten wollen sie einen neuen Award an Initiativen verleihen, die Erkrankte und ihre Angehörigen unterstützen. Alleiniger Gesellschafter der Rudi-Assauer-Initiative ist das Essener Elisabeth-Krankenhaus mit seiner Memory-Clinic.
Es gehe ihm ausgesprochen gut, betont etwas später auch sein langjähriger Freund, der Düsseldorfer Gesichtschirurg Heinz-Gerhard Bull, „besser noch als vor einem Jahr“. Das liege an einer guten medizinischen Versorgung, aber auch daran, „dass sein familiäres Umfeld stimmt! Wenn man ihn nicht als Kranken behandelt, geht es ihm besser“, sagt Bull.
Belastungen der Angehörigen
Sie alle, die da auf dem Podium sitzen, sprechen von den ungeheuren Belastungen, denen die Angehörigen von Alzheimer-Erkrankten ausgesetzt sind. Davon, dass Millionen unter dieser Erkrankung leiden, sie aber für den Betroffenen selbst kein unglückliches Leben bedeuten muss. Auch Rudi Assauer nehme noch viel am Leben teil, an gesellschaftlichen Ereignissen, gehe auch zum Fußball.
Wie schwer es ist, einen Menschen an diese Erkrankung zu verlieren, kann erahnen, wer Bettina Michel beobachtet, als sie ihren Vater in Ausschnitten aus der ZDF-Doku „37 Grad“ erlebt. Da, im Frühjahr 2012, reflektiert er noch über sich, über Alzheimer. „Warum passiert Dir das?“, fragt er sich da selbst und sagt, dass er Menschen verstehen könne, die sich wegen der Krankheit das Leben nähmen. Er selbst habe daran noch nicht gedacht, er wolle die Jahre genießen, die ihm blieben. Bettina Michel, sie hört ihm zu, sie schluckt und presst die Lippen zusammen.
Es ist die Sympathie für Rudi Assauer, der einst das Gesicht von Schalke 04 war, die den Grundstein für diese Initiative legte. Und diese Sympathie, der Respekt, ist an diesem Tag auf Schalke sehr gegenwärtig. Wie drückt es Assauers Freund Heinz-Gerhard Bull aus: „Wenn er neben mir im Stadion sitzt und wieder schimpft, dann geht es ihm gut. Und wenn er zu mir ,Alter’ sagt, dann ist das die größte Auszeichnung!“