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„Napoleon“: Größte Enttäuschung des Kinojahres? Jetzt gibt es nur noch eine Hoffnung

Ridley Scotts „Napoleon“ mit Joaquin Phoenix startet im Kino. Und gemessen an der Erwartungshaltung dürfte dieser Film einige Zuschauer enttäuschen.

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© IMAGO/Everett Collection (Montage: DER WESTEN)

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FILMKRITIK

Wenn ein Kinofilm eine „Enttäuschung“ ist, dann ist er nicht zwingend eine Vollkatastrophe. Es bedeutet lediglich, dass der Streifen deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Ein potentieller Oscar-Kandidat, der am Ende nur mittelmäßig daherkommt, kann also durchaus eine größere Enttäuschung sein als ein komplett missratener Film, den sowieso niemand als Highlight auf dem Schirm hatte.


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Genau das ist der Fall bei „Napoleon“. Hier liest sich wirklich alles wie ein Bewerbungsschreiben für den begehrten Goldjungen. Kinostart im November, Oscar-Saison. Hollywood-Legende Ridley Scott („Gladiator“) auf dem Regiestuhl. Oscar-Preisträger Joaquin Phoenix in der Titelrolle. Ein zweieinhalbstündiges Historien-Epos.

Was bitte soll da denn noch schief gehen? Nun – wie sich jetzt zeigt, so einiges! Eine große Hoffnung haben Fans allerdings noch…

„Napoleon“ bleibt hinter Erwartungen zurück

Wie bereits angedeutet: „Napoleon“ ist kein kompletter Reinfall. Aber es ist wie im Fußball: Wenn du erwartest, dass dein Verein um den Titel mitspielt, und am Ende nur auf Platz 8 landet – dann ist das zwar kein Abstieg, aber trotzdem scheiße. Und so ist es auch hier. Die Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung und fertigem Film ist einfach zu groß.

Dass vor und hinter der Kamera Menschen gearbeitet haben, die ihr Handwerk verstehen, ist bei „Napoleon“ mehr als deutlich. Die opulente Ausstattung von Sets und Kostümen, die imposanten, blutigen Schlachten, die gelungene Arbeit bei Kameraführung und Ton – und wenig überraschend liefern Joaquin Phoenix und Vanessa Kirby als Napoleon und seine Frau Joséphine absolut sehenswerte Performances ab.

Doch all das bringt dir nicht viel, wenn der Film einfach an dir vorbeiplätschert, ohne dich emotional an irgendeinem Punkt abzuholen. Und genau da zeigt sich das größte Problem von „Napoleon“.

2,5 Stunden – und doch zu wenig Zeit

„Napoleon“ dauert 2 Stunden und 38 Minuten. Das ist nicht wenig. Und trotzdem hetzt Ridley Scott hier geradezu durch das Leben des französischen Kaisers. Jede wichtige Station seines Lebens, jede Schlacht, jeder politische Aufstieg – alles muss irgendwie untergebracht werden. Und für keinen Aspekt nimmt sich der Film die notwendige Zeit, um ihn ausreichend zu beleuchten.

Emotionale Bindungen zu Charakteren und Story? Fehlen dadurch komplett. Selbst, wenn es um die eigentlich sehr interessante Beziehung zwischen Napoleon und Joséphine geht – dabei soll gerade die den gefühlvollen Kern des Films bilden. Doch daraus wird nichts. Zu oberflächlich rast der Film durch Bonapartes Aufstieg und Fall.


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Immer wieder werden Jahreszahlen und Schauplätze in Textform eingeblendet, und im Hintergrund liest Napoleon im Off Briefe an seine Frau vor, um die Story zu erklären. Und das gefühlt alle zehn Minuten. Der Film sieht offenbar keine andere Möglichkeit, dem Zuschauer verständlich zu machen, was da gerade auf der Leinwand passiert.

Es wirkt fast so, als lege Ridley Scott mehr Wert darauf, seine biographische Napoleon-Checkliste abzuhaken, anstatt eine bewegende Geschichte zu erzählen, die einen für zweieinhalb Stunden an den Kinositz fesselt.

Das Ergebnis ist ein hochwertiges Napoleon-Referat – und kein mitreißendes Kino-Epos. Eine Enttäuschung eben. Doch es bleibt noch eine große Hoffnung.

Regisseur kündigt neue „Napoleon“-Fassung an

Denn vielleicht ist „Napoleon“ auch nur deshalb so gehetzt und so oberflächlich ausgefallen, weil er krass heruntergekürzt werden musste – no pun intended. Denn Ridley Scott hat bereits einen „Director’s Cut“ von „Napoleon“ angekündigt, der satte vier Stunden und zehn Minuten dauern soll!

Wenn er also seine Vision des Films fürs Kino einfach um eineinhalb Stunden hatte kürzen müssen, ist es ja kein Wunder, dass das Erzähltempo holprig und die Charaktere unausgefeilt erscheinen.

Das einzige Problem: Die erweiterte Fassung soll lediglich beim Streamingdienst „Apple TV +“ erscheinen – ein Datum steht noch nicht fest. Die Oscar-Jury wird also höchstwahrscheinlich nur die Kinoversion bewerten können. Schade – denn die hat nur sehr überschaubare Chancen auf einen Goldjungen.

„Napoleon“ ist ab 12 Jahren freigegeben und startet am 23. November 2023 im Kino.