Im Rahmen seiner aktuellen Tour „ZAPPED! Ein TV-Junkie kehrt zurück – 25 Jahre Special“ legt Michael Mittermeier seinen Show-Klassiker noch einmal neu auf. Dabei recycelt er nicht nur alte Gags, er gibt ihnen auch einen aktuellen Bezug.
Wir sprachen mit Michael Mittermeier über Auftritte in Zeiten der Coronapandemie, Erziehungsfragen, seinen neuen Style und ein klassisches Frauen-Thema: die Menstruation. Natürlich hatte der Comedian im Laufe des Interviews auch den ein oder anderen Scherz für uns parat…
DERWESTEN: Lieber Michael, erzähl zum Auftakt gerne erst einmal von der aktuellen Tour: Was ist alt, was ist neu, warum darf man sich das auf keinen Fall entgehen lassen?
Michael Mittermeier: Ich sag‘s mal so: Für die Fans, die es damals weggebeamt hat, ist es eh ein Muss. Und für die, die es nicht gesehen haben, ist es ein Doppel-Muss, denn sie schauen einen Klassiker komplett neu aufgepimpt und so in der Form hat es das noch nicht gegeben. Es ist fast wie eine Neuverfilmung!
Was ist es für ein Gefühl, nach so langer Zeit wieder auf der Bühne zu stehen?
Es ist großartig! Und du merkst es auch den Menschen an. Die sind so glücklich, dass sie mal wieder etwas live sehen können und dabei lachen können. Acht Monate ohne Auftritte – das war schon hart. Niemand von uns hat je in den letzten 35 Jahren so eine lange Pause gehabt. Für Künstler und Publikum einfach nur heftig!
Trübt Corona die Vorfreude – während der Pandemie unter so vielen Menschen zu sein, kann ja bestimmt auch Stress hervorrufen. Vor allem jetzt, wo die Fallzahlen wieder steigen.
Wenn ich ein mulmiges Gefühl hätte, würde ich nicht auf die Bühne gehen. Mit mulmig bringt man niemanden zum Lachen. Und es gibt ja Konzepte und die sind top. Wieso diskutiert man überhaupt darüber? Man hätte lieber einen Brief an die UEFA schicken sollen und nach England. Mit mir braucht niemand mehr diskutieren, ob die Veranstaltungen in Deutschland sicher oder nicht sicher sind! Es ist absurd, wenn wir unsere Tourneen abbrechen müssen. Wenn wir 500 oder 1000 Leute draußen hinstellen, halten alle Abstand und andernorts stehen alle völlig unmoderiert auf einem Haufen. Das einzige Distancing, das da teilweise stattgefunden hat, war geistig.
Konntest du bei dir beobachten – so ging es schließlich vielen, dass du durch die Isolation während der Pandemie ein bisschen ‚anti-social‘ geworden bist? Entwickelt man als Künstler dadurch vielleicht noch mal eine ganz neue Bühnenangst?
Privat hat glaube ich jeder von uns einen sozialen Hänger bekommen. Also, dass man sich wieder daran gewöhnen muss, Menschen zu treffen. Manchmal denkt man sich nach ein paar Minuten: ‚Sag mal, hab ich den jetzt überhaupt begrüßt? Hab ich mit ihm gesprochen oder ihm nur die Faust gegeben und mich umgedreht?‘. Aber wenn ich jetzt auf die Bühne gehe, ist das, als würde ich den Comedy-Geist aus der Flasche lassen. Ab Auftritt eins war es wunderbar.
Du bist als Kind nach eigener Aussage von deinen Eltern ruhiggestellt worden, indem sie dich vorm Fernsehen ‚geparkt‘ haben. Das scheinst du ihnen ja aber keinesfalls übel zu nehmen, sondern eher dankbar zu sein, denn daraus ist ja das Fundament deines Bühnenprogramms erwachsen. Wie stehst du heute, wo du selbst Vater bist, zu dieser Technik – die ja bei vielen Eltern sehr beliebt ist? Was kann Fernsehen Kindern vielleicht auch Gutes tun?
Ich finde, es gibt gutes und schlechtes Fernsehen. Wahrscheinlich war ‚Zapped‘ damals für die Leute revolutionär und schön, weil endlich mal jemand dastand, der das Fernsehen nicht runtergemacht hat. Ich sage eben nicht ‚Fernsehen ist schädlich‘, denn das ist eine Aussage, die nicht stimmt. Das ist, wie zu sagen ‚Wasser führt zum Ertrinken‘. Dabei kann man im Wasser auch schwimmen und Spaß haben. Für mich ist es schwierig, meiner Tochter zu sagen ‚schau weniger Fernsehen!‘, weil sie dann einfach sagt: ‚Jaja Papa, du hast eine Karriere daraus gemacht!‘ Das Fundament unseres Hauses steht auf Fernsehen und Co. Man muss natürlich aufpassen, was auf die Kinder einprasselt. Aber für mich ist es geil, mit meiner Tochter, die jetzt 13 ist, Dinge zu schauen, die ich selbst schon vor 20 Jahren gesehen habe. Oder es erscheint etwas Neues, auf das wir beide warten. Wir schauen zum Beispiel alle ‚Avengers‘-Filme. Als ich auf Tour war, haben meine Frau und meine Tochter aber ohne mich ‚Black Widow‘ geschaut – da war ich unsicher, ob ich danach überhaupt heimkommen soll oder ob das zu gefährlich für mich ist. Aber Spaß beiseite, wir sind alle drei wahnsinnige ‚Avengers‘-Fans. Man muss nicht nur auf Arte Dinge mit kyrillischen Untertiteln schauen, es darf auch mal ‚Game of Thrones‘ sein.
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Das ist Michael Mittermeier:
- Michael Fritz Mittermeier wurde am 3. April 1966 in Dorfen, Oberbayern geboren
- Er studierte Politologie und Amerikanistik in München und schrieb seine Abschlussarbeit über das Thema Amerikanische Stand-up-Comedy
- Sein ersten Fernsehauftritt hatte er im ZDF. In der Sendung „Scooter“ war er gemeinsam mit seinem Bruder zu sehen
- Sein Durchbruch gelang ihm mit seinem Programm „Zapped“ (1996)
- Darin parodiert er unter anderem Werbespots bekannter Marken oder Fernsehserien wie „MacGyver“ oder „Game of Thrones“
- In seinem Programm vermischen sich klassische Kabarett-Elemente mit moderner Stand-up-Comedy
- Seine Frau ist die Sängerin Gudrun Allwang. Die gemeinsame Tochter kam 2008 zur Welt
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Du bist großer ‚Game of Thrones’-Fan?
Ja. Es gibt nur eine mächtige Deutsche Serie, die es mit ‚Game of Thrones‘ aufnehmen kann – die mit GOT auf Augenhöhe ist. Und das ist ‚Die Schwarzwaldklinik‘! Game of Bones, wie ich es gerne nenne. Die Schwarzwaldklinik hatte damals im Peak 28 Millionen Zuschauer – nur in Deutschland. Die letzte Folge von ‚Game of Thrones‘ hatte in den gesamten USA 19 Millionen. Bei der Schwarzwaldklinik hatten sie auch einen Zwerg, Oberschwester Hildegard. Und es wurde viel rumgevögelt. Die beiden Serien geben sich die Klinke in die Hand.
Interessante These, aber ‚Game of Thrones’ ist ein schwieriges Thema für mich – ich bin für eine Neuauflage der gesamten 8. Staffel, weil sie so enttäuschend war. Ich schlage vor: Jemand wacht auf, es stellt sich raus, dass alles nur ein Traum war und dann geht die echte Handlung los!
Wir machen den Bobby Ewing [fiktionaler Charakter der Serie ‚Dallas‘, dessen Serientod nach seinem Comeback als Traumsequenz verkauft wurde] – das ist natürlich eine gute Idee. Aber mir würde die letzte Folge schon reichen. Der Kampf mit den Zombies – was soll ich vom Nachtkönig reden, er sieht ja eh aus wie Ed von Schleck – war großartig.
Dein Style, der ja einst auch ein Stück weit dein Markenzeichen war, hat sich in den letzten Jahren ganz schön verändert. Dürfen wir uns jetzt an den aktuellen Anblick gewöhnen oder erfindest du dich schon bald wieder neu?
Ich finde nicht, dass ich ein bestimmtes Markenzeichen hatte. Außer der Kleidung, die ich seit 1995 nicht mehr trage. In den letzten 15 oder 20 Jahren habe ich einfach das angezogen, was gerade kam. Und für alles, was die Natur geändert hat, kann ich natürlich nichts. George Clooney lässt grüßen – für mich übrigens ein Gott. Irgendwann fragt man sich halt: ‚Soll ich wirklich färben, oder zeige ich einfach ehrlich was los ist?‘ Ich bin in den 51 Jahren, in denen meine Haare nicht grau waren, nicht ein einziges Mal auf meine Haare angesprochen worden und seit ein paar Jahren bekomme ich lauter Komplimente. Und meine Tochter sagt mir immer: ‚Papa, du siehst so viel besser aus als auf Bildern von früher!‘ Von daher ist alles gut! Mehr brauch ich nicht!
Wenn du einen Moment oder Gag nennen müsstest, von dem du sagst ‚das war das Lustigste, das ich jemals gebracht, gesagt, gemacht habe‘, würde dir da etwas einfallen?
Den lustigsten gibt es sicher nicht, weil es natürlich aus verschiedenen Dekaden so viel Unterschiedliches gibt, aber es gibt schon Gags, wo man weiß, ‚boah, leck mich am Arsch, da hab ich ein geflügeltes Wort erfunden.‘ Bei ‚Zapped‘ zum Beispiel mit der Obsession-Werbung mit dem Model Kate Moss, das leicht verstört in die Kamera schaut und ‚between love and madness lies obsession‘ haucht und ich sag, ‚ich verstand da immer ‚Wos zu Essen‘ [in bayrischem Akzent] und jetzt ist das ein geflügeltes Wort, dann ist das schon toll.
Worauf bist du bezüglich ‚Zapped‘ besonders stolz?
Dass auch viele Junge im Publikum sitzen und genauso wie ihre Eltern lachen. Wenn sich 16- bis 25-Jährige über einen Gag weghauen, der 25 Jahre alt ist, weil er einen Mechanismus aufgedeckt hat bzw. weil ein Comedy-Mechanismus greift, dann ist das geil. Auch die OB-Werbung von damals – da kann man immer noch drüber lachen. Wobei mir da kürzlich jemand gesagt hat, ich könnte das nicht spielen, er kenne das von jemand anders. Da lache ich und sage, mag sein, dass du das irgendwo gehört hast, aber ich hab das vor 25 Jahren gemacht – die Nummer ist von mir. Vieles, was ich bei Zapped gemacht habe, ist kopiert worden.
Eigentlich müsstest du übrigens deine OB-Nummer auf Menstruationstassen anpassen, die sind ja mittlerweile sehr beliebt.
Die Tasse ist beliebt und der Pinky Glove *lacht*, dieser rosarote Handschuh, das ist ja eigentlich ein Männerding.
Kann man nicht vergleichen – die Tasse kommt sehr gut an, die Handschuhe waren für viele Frauen eine Unverschämtheit…
Ich hab sie noch nicht ausprobiert, aber solche Sachen wurden ja von Männern erfunden. Und wir würden es auch gar nicht kaufen, wir denken ja viel eindimensionaler. Wir würden kein OB kaufen, wir würden eine rote Hose kaufen. Eine Menstruationshose von Jack Wolfskin aus Gore-tex und dann würde der Spruch lauten: ‚Nimmt die Regel und hält die Regel da auf, wo sie passiert‘.
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Dann können wir ja festhalten, dass es gut ist, dass wir Frauen menstruieren, sonst würde alles völlig aus dem Ruder laufen…
Ja sowieso! Die Frage ist übrigens auch, warum so viele Priester rote Samtumhänge tragen bei der Messe. Meine Überlegung: Ist das dann auch so eine Art Pinky-Samt-Glove? Es gibt viele Fragen, die sich stellen und wir werden sie beantworten: Bei ‚Zapped 25‘!
Das ideale Schlusswort! Vielen Dank für das nette Gespräch!
Weil viele Termine wegen der Coronapandemie verschoben werden musste, steht Michael Mittermeier mit „ZAPPED! Ein TV-Junkie kehrt zurück – 25 Jahre Special“ noch bis zum 07. November 2022 auf der Bühne.