Am 9. April 2024 geht es wieder ins Krankenhaus. Die ARD zeigt die vierte Staffel der Erfolgsserie „Charité“. Spielte die Serie in den ersten drei Staffeln noch in der Vergangenheit, wagen die Macher nun einen großen Schritt in die Zukunft.
Im Jahr 2049 bedroht ein bis dato unbekanntes Bakterium die Menschen, dazu kommen enorme Hitzewellen und ein unbarmherziges Gesundheitssystem, das besonders diejenigen bevorteilt, die sich eine gesunde Lebensweise leisten können. Im Interview spricht Moritz Führmann, der in der vierten Staffel „Charité“ die Rolle des Dr. Dylan van Boeken spielt, über die neuen Folgen, sein Interesse für Medizin und den ARD-„Tatort“.
Die vierte Staffel „Charité“ spielt im Jahr 2049. Eine Hitzewelle liegt über Berlin. Man könnte fast sagen, es wurde eine Dystopie gezeichnet.
Witzigerweise, so formuliert es auch unsere tolle Produzentin Henriette Lippold, zeigen wir eine utopische Version. Wir wollten uns den Themen und Problemen, die in Zukunft anstehen, oder sich jetzt auch schon am Horizont abzeichnen, stellen. Welche Lebensentwürfe gesellschaftlich akzeptiert werden, welche medizinischen Vorsorgeuntersuchungen schon Wirklichkeit geworden sind, das sind alles Sachen, die mir in dieser Version eher Mut gemacht haben. Und dass der Klimawandel kein Vergnügen sein wird, ist gar nicht mehr dystopisch, sondern „realistisch“.
Sie haben in Portugal gedreht …
Ja, weil dort jetzt bereits klimatische Verhältnisse herrschen, die man Berlin 2049 in Rechnung stellen kann. Ich fand es hochspannend.
Ich hatte neben den klimatischen Aspekten auch an die Gesundheitsreform gedacht, die arme Menschen eindeutig benachteiligt.
Diese Reform führt einen sogenannten Score ein: Wer sich um seine Gesundheit kümmert, und wer privat mitarbeitet, kommt in den Genuss aller Behandlungen. Und wie Sie es ja auch ansprechen: Wer kann denn wirklich komplett gesund leben? Und wer kann sich das leisten? Ich sehe das als Anstoß, zu überlegen: Worauf steuern wir zu? Und was kann man jetzt schon vordenken, um als Gesellschaft später mitzugestalten? Ich sehe das fast als Denkanstoß – wenn wir nicht aufpassen, dann läuft das so.
Unrealistisch ist es ja nicht.
Ja, ich habe das schon von Kfz-Versicherungen gehört, dass man sich tracken lassen kann, und wenn man so und so fährt, kommt man in den Genuss besseren Schutzes. Das ist gar nicht so weit weg.
Es wird alles über gewisse Faktoren auf Rentabilität überprüft, die am Ende mit dem Menschen wenig zu tun haben. Deswegen finde ich es auch so toll, dass die Figuren in der Serie spüren, was alles schiefläuft; weshalb die Charité am Ende auch gespalten ist.
Dann lassen sie uns einmal die positiven Neuerungen hervorheben. Es gibt riesige Fortschritte in der medizinischen Entwicklung. Welche Neuerung würden Sie gerne jetzt schon zur Verfügung haben?
Die Krebsimpfung. Das ist so eine schreckliche Krankheit, weil es immer wieder auf und ab geht. Da wäre ich sofort dabei.
Die bisherigen drei Staffeln spielten in der Vergangenheit, nun der große Schritt in die Zukunft. Wieso hat man die Gegenwart ausgespart?
Die neue Staffel beschäftigt sich auch mit der pandemischen Gefahr – einem sehr gegenwärtigen Thema. In den vorherigen Staffeln wurde sehr genau recherchiert, was medizinisch passierte und wie es mit der historischen Entwicklung verbunden war. Das ist dann auch ein „Glücksfall“ für die Formate, wenn das so zusammenfällt, wie eben im Kaiserreich, und auch dem Mauerbau. Mir fiele jetzt aber gar nichts Aktuelles ein, wo ich sagen würde, da war gesellschaftlich so viel los und gleichzeitig gab es den Durchbruch in der Medizingeschichte. Und dann zu sagen, wir recherchieren jetzt mal mit den Koryphäen der Charité und lassen uns Szenarien entwerfen, die jetzt auf uns zukommen, ist doch sehr interessant.
Ich habe letztens im Spiegel gelesen, dass der Permafrostboden auftaut und Bakterien herauskommen, da dachte ich, die haben unsere Staffel geguckt. (lacht) Das ist der Wahnsinn. Deshalb ist das für jeden, der sich für Medizingeschichte interessiert, hochspannend.
Wenn Sie sich erinnern – in der ersten Staffel hat Robert Koch herausgefunden, dass Bakterien maßgeblich an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind. Nun ist es so, dass das Mikrobiom in der ganzen Vielfalt von Bakterien vielleicht zu einer medizinischen Revolution führen könnte. Und dass da ein Bogen stattfindet, bildet die DNA des Charité-Formats. Ich finde das sehr reizvoll, und als ich gehört habe, wir gehen in die Zukunft, war ich sofort dabei. Die Drehbücher waren toll, das Thema hat mich total begeistert. Dass so etwas gezeigt wird, finde ich großartig. Hat Spaß gemacht.
Ärgert es Sie eigentlich, dass Sie aufgrund von Zeitsprüngen nur eine Staffel Charité spielen können?
Meine Hoffnung ist, dass wir das ja jetzt noch nicht wissen (lacht). Im Ernst, es ist eine große Ehre, dabei zu sein. Der Anspruch war enorm hoch. Das ist fantastisch, genau wie das Ensemble!
Sind Sie medizinisch interessiert?
Ich habe in der Vorbereitung auf die Dreharbeiten mit einer befreundeten Laborantin gesprochen und uns stand am Set eine fantastische medizinische Betreuung zur Seite, die alle Fragen beantwortet hat. Wir haben wahnsinnig viel gelernt und ich kann nun diese Faszination immer mehr nachvollziehen. Aber vorher war das nicht so meins.
Haben Sie eigentlich mit Ihrer Frau zusammen gelernt? Anna Schudt hat schließlich auch gerade mit „Push“ eine medizinische Serie gedreht.
Zusammen gelernt haben wir nicht. Ich war „Arzt“ und meine Frau „Beleghebamme“, zwei absolute Fachleute, aber in völlig unterschiedlichen Bereichen.
Ihre Figur hat in der Serie eine riesige Entwicklung vollzogen. Anfangs noch sehr skeptisch, ändert Dr. Dylan van Boeken schlussendlich seine Meinung. Wie sieht das bei Ihnen persönlich. aus – würden Sie eher die konservative Behandlung vorziehen oder neue Wege gehen?
Ich hänge schon am Leben. Als Betroffener würde ich aber sagen, das Leben ist so einmalig, ich würde es ausprobieren.
Sie spielen die Rolle des Staatsanwaltes im Dortmunder „Tatort“. Nun herrscht speziell in diesem Team seit jeher eine große Schauspieler-Fluktuation. Sehen Sie das als Vorteil oder kann das auch schwierig sein?
Ich persönlich bin sehr dankbar, so vielen tollen Kolleginnen und Kollegen begegnen zu dürfen, das sind ja alles Knaller-Leute. Der Konflikt meiner Figur „Matuschek“ besteht ja meistens direkt mit „Faber“. Somit ist Jörg Hartmann, als Fixstern im Dortmunder Tatort mein Hauptanspielpartner. Das ist, zumal wir uns auch privat sehr gut verstehen, ein großer Spaß. Wir gehen miteinander sehr weit, sind auch sehr unangenehm zueinander. Das ist toll. Mit Blick auf die neuen Kollegen ist es sehr wertvoll, wie gewissenhaft und genau die neuen Figuren von den Autoren eingeführt werden!
Dadurch, dass dieser Tatort als einer der ersten Tatorte eine horizontale Erzählebene hat, die auch auf die Entwicklung von Beziehungen basiert, ist das ein Gewinn und eine Herausforderung. Auch wenn ich Martina Bönisch schon sehr vermisse.
Ist es schwerer oder leichter eine kritische Beziehung zu spielen, wenn man sich privat gut versteht?
Für mich persönlich macht es das leichter.
Wieso?
Wir können die Szenen ganz offen und frei miteinander besprechen. Es ist immer mein Anspruch, möglichst weit zu gehen und sich herauszufordern. Das macht Spaß. Wenn die Szene vorbei ist, ist es auch vorbei. Dann kann man wieder beherzt miteinander lachen und muss nicht versuchen, dem Kollegen bloß nicht im Wohnmobil über den Weg zu laufen (lacht).
Die ARD zeigt die vierte Staffel „Charité“ ab dem 9. April 2024 um 20.15 Uhr in Doppelfolgen. Bereits ab dem 5. April ist „Charité“ in der ARD-Mediathek abrufbar.