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Karierte Jacke, große Klappe

Karierte Jacke, große Klappe

Hamburg. 

Sänger? Aber sicher. Tänzer? Natürlich. Oder auch Parodist, Imitator oder Conférencier. Nur als Quizmaster sieht sich Peter Frankenfeld zu Lebzeiten nie, denn: „Ich habe nie irgendwen gefragt, woran das Tote Meer gestorben ist.“ Morgen wäre er 100 Jahre alt geworden.

Alleinunterhalter beschreibt ihn wahrscheinlich am besten. Zuerst auf den Hinterhöfen in Berlin-Friedrichshain, wo er als Kind mit einer selbstgebastelten „Laterna magica“ Bilder an die Wand wirft oder Kasperletheater aufführt und fünf Pfennige pro Nase dafür kassiert.

Die größte Leidenschaft aber ist die Zauberei. Mit 15 Jahren schließt er sich einem durchreisenden Zirkus als Magier an. Den Eltern aber schreibt er: „Weint nicht, ich gehe in die Fremdenlegion.“ Der Schwindel fliegt auf und statt eines Jobs in der Manege gibt es ein paar Backpfeifen. Doch die große Klappe wird nicht kleiner. Sie bringt ihn zum Kabarett, aber – nach einem politischen Witz zuviel – auch an die Ostfront.

Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs geht Frankenfeld zum Radio. „Guten Morgen allerseits“ wünscht er da, lädt zu „Peters Bastelstunde“ oder fragt in ersten Telefon-Ulks „Was hätten sie gesagt?“. Immer neue Ideen zaubert er aus dem Hut. Und als 1952 das Deutsche Fernsehen seinen Betrieb aufnimmt, steht Frankenfeld schon in der Tür.

Er wird schnell zum Dauergast, ein kariertes Jackett zu seinem Markenzeichen und die Show „1:0 für Sie“ zu seinem ersten großen Erfolg. Mit einem Kinderpropeller, den er ins Publikum schießt, sucht sich Frankenfeld seine Kandidaten. Wer ihn fängt, darf auf die Bühne und mitspielen. Zeit, sich auf seine Spieler vorzubereiten, hat Frankenfeld nicht. Aber die will er auch gar nicht. Er liebt es zu improvisieren, mag es spontan. Auch wenn das nicht leicht ist. „Aller Unfug ist schwer“, pflegt er zu sagen.

Seine Schlagfertigkeit ist angeboren, sein Timing hat er sich bei US-Kollegen abgeschaut. Dabei gibt er sich hemdsärmeliger als die Kollegen aus Übersee, ist der Mann von nebenan, der immer noch einen Witz auf Lager hat. Über sich selbst, oft aber auf Kosten anderer. Manchmal ein wenig zu oft. Meist kommt die Pointe beiläufig. Mal auf hochdeutsch, gerne auch in jedem denkbaren Dialekt. Frankenfeld kann alles. „Nur nicht verlieren“, sagen die, die ihn kannten.

Er kann ironisch sein, aber auch ruppig und barsch. „Ein formidabler Egozentriker, ein Despot und Rechthaber“, hat der TV-Produzent Henri Regnier über ihn geschrieben. Allerdings nur hinter den Kulissen. Auf dem Bildschirm ist davon nichts zu spüren. Die Zuschauer lieben ihn. Einschaltquoten von über 86 Prozent sind keine Seltenheit. Frankenfeld ist der erste Superstar des deutschen Fernsehens – ein Frauenheld wird er nie. „Da war ihm sein Gesicht im Weg“, hat seine Frau Lonny mal gesagt.

Comeback mit „Musik ist Trumpf“

1964 wechselt er zum ZDF. Im Gepäck hat er die von ihm erdachte Spielshow „Vergissmeinnicht“. Die Lotterie, in die mit Wohlfahrts-Briefmarken eingezahlt wird, wird zu seinem größten Erfolg, spielt 34 Millionen Mark für wohltätige Zwecke ein. Trotzdem stellt das ZDF sie 1970 ein. Zu alt sei der Gastgeber, völlig überholt seine Art der Moderation, heißt es. Frankenfeld ist völlig überrascht, dann stinksauer. Doch fünf Jahre später holen sie ihn zurück. Mit der Show „Musik ist Trumpf“ feiert Frankenfeld ein grandioses Comeback.

Gut drei Jahre nach seiner Rückkehr ins TV erkrankt der Entertainer an einer schweren Gesichtsrose. Zu Silvester scheint es ihm besser zu gehen. Er darf nach Hause. Doch dort bekommt er „Durchblutungsstörungen im Gehirn“, fängt sich zudem einen Virus. Am 4. Januar 1979 stirbt er.

In vielen Nachrufen nennen sie Frankenfeld einen „Fernsehpionier“ oder „den Erfinder der Spielshow“. Seine 2003 gestorbene Lonny nennt ihn anders: „Ein Kind, das immer spielen wollte.“