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Julie Engelbrecht spielt gern „die fiese Ratte“

Julie Engelbrecht spielt gern „die fiese Ratte“

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Julie Engelbrecht, Tochter der verstorbenen Constanze Engelbrecht, hat kein Problem damit, auch mal "fiese Ratten" zu spielen. Foto: Getty
Sie war in einer Baby-Komödie „schief gewickelt“, erlebte im Bremer „Tatort“ das fatale Ende einer „Hochzeitsnacht“ und ist am kommenden Dienstag im „Vermächtnis der Wanderhure“ zu sehen: Julie Engelbrecht ist der Shooting-Star der Saison. Im Interview spricht die 28-Jährige über ihre berühmte Mutter, Frankreich und Musik.

Berlin. 

Julie Engelbrecht ist der Shooting-Star der Saison. Die 28-Jährige war kürzlich in einer Baby-Komödie „schief gewickelt“, anschließend erlebte sie im Bremer „Tatort“ das fatale Ende einer „Hochzeitsnacht“, und am kommenden Dienstag kennt sie „das Vermächtnis der Wanderhure“. Mehr noch: Demnächst ist die Tochter von Constanze Engelbrecht im Kino sogar an der Seite von Gerard Depardieu zu sehen. Jürgen Overkott sprach mit ihr.

Sie haben ein Facebook-Profil. Machen Sie viel damit?

Julie Engelbrecht: Gar nicht. Das hat ein Freund eingerichtet. Er hat gemeint, es sei wichtig, dass ich für die Fans präsent bin. Aber ich poste da fast gar nichts, erstens bei Facebook findet man viel Quatsch und zweitens komme ich auch oft nicht dazu.

Sie sind in Frankreich geboren. Wie hat Sie diese Zeit geprägt?

Engelbrecht: Ich bin in Paris geboren und habe bis 14 in der Großstadt gelebt, und dann sind wir aufs Land gezogen, in eine alte Wassermühle, wir haben da Pferde, und mein Vater lebt da immer noch.

War der Umzug ein Kulturschock?

Engelbrecht: Ja, es war gewöhnungsbedürftig, zumal man mit 14 anfängt, selbstständiger zu werden. Aber ich liebe die Natur, und ich möchte die Zeit nicht missen, jeden Tag ausreiten zu können.

Jetzt leben Sie in Berlin. Haben Sie Haustiere?

Engelbrecht: Leider nicht. Das kann ich mir als Schauspielerin nicht leisten: Ich bin zu oft von zuhause weg. Und außerdem finde ich, dass Tiere aufs Land gehören, ins Freie.

Auf dem Land ist man als Jugendliche noch nicht mobil. Haben Sie sich schnell ein Mofa angeschafft?

Engelbrecht: Nö, das nicht. In der ersten Zeit hat mich Papa viel herumgefahren, und später hatte ich einen älteren Freund, der schon ein Auto hatte.

Das französische Lebensgefühl fehlt

Vermissen Sie in Deutschland etwas vom französischen Lebensgefühl?

Engelbrecht: Ja, die Franzosen haben oft eine ganz besondere Leichtigkeit, etwas genießerisches Im-Moment-Leben, das Ganze ist sozial und kommunikativ. Das vermisse ich ein bisschen.

Drehen wir’s um. Deutsche nervt an Franzosen oft ihr lässiges Zeit-Gefühl. Sind Sie selbst teutonisch?

Engelbrecht: Ich versuch’s. Pünktlichkeit fällt mir manchmal schwer. Aber ich weiß, es muss sein. Schauspieler können sich nicht erlauben, viel zu spät am Drehort anzukommen, da bin ich ganz professionell.

Im vorigen Jahr haben Sie sechs Filme gedreht. Das ist unglaublich viel. Gab es eine Art Initiatalzündung?

Engelbrecht: Nee. Das fing erst dann richtig an, als ich mit der Schauspielschule fertig war. Es gab ja schon vorher anfragen. Aber ich konnte sie nicht immer wahrnehmen, weil es verboten war, während der Schulzeit viel zu drehen. Schwung hat auf jeden Fall der Film „Die Tänzerin“ gegeben, der auf dem Münchner Filmfest gelaufen war und sehr gut ankam.

Musik ist ihr Hobby

War der Name Engelbrecht Starthilfe oder Bremsklotz?

Engelbrecht: Am Anfang ja. Der Bekanntheitsgrad meiner Mama hat mir geholfen. Aber dann musste ich mich selbst beweisen. Ich muss immer noch zum Casting, obwohl ich schon mehr als 20 Filme gedreht habe. Man wird auf die Probe gestellt, muss besser sein als die anderen. Da ist der Name dann keine Hilfe mehr.

Casting bedeutet Konkurrenz und Wettkampf. Wie gehen Sie damit um?

Engelbrecht: Ziemlich entspannt mittlerweile. Das war früher anders. Auch wenn man eine Ablehnung bekommt, liegt es nicht unbedingt an Dir, sondern daran, dass ein anderer Typ gesucht wird oder die Chemie mit dem Spielpartner nicht ganz passt. Wenn es bei dem einen Projekt nicht klappt, dann vielleicht bei einem anderen.

Bei der Komödie „Schief gewickelt“ waren Sie Sängerin. Ist das eine zweite Ebene, die sie bespielen wollen?

Engelbrecht: Ich liebe es zu singen. Gesang dringt direkt ins Herz. Ich mache das privat, als Hobby. Wenn es sich ergibt, würde ich gern in Richtung Chanson oder Norah Jones gehen.

Mal engelhaft, mal eine fiese Ratte

Und dennoch spielt Musik auch bei Ihrem nächsten Projekt eine Rolle.

Engelbrecht: Ich drehe in Triest. Es ist ein ARD-Spielfilm, er heißt „Frei“. Ich spiele eine jüdisch-polnische Pianistin, die den Holocaust überlebt. Dafür muss ich ein Klavierkonzert von Mozart lernen und ein polnisches Lied singen.

Haben Sie historische Recherche betrieben?

Engelbrecht: Ja, ich war in den KZ Sachsenhausen und Ravensbrück. Für mich ist es unheimlich wichtig, so viel wie möglich über das Thema zu wissen. Ich muss es ein Gefühl dafür bekommen, wie die Zeit war, wie das Lebenstempo war und das Verhältnis zwischen Männern und Frauen.

Ihre Art zu spielen wird oft mit „engelhaft“ beschrieben. Bei der „Wanderhure“ treten Sie eher diabolisch auf…

Engelbrecht: Meine Figur ist komplett anders als ich. Für mich war es das erste Mal, eine fiese Ratte zu spielen – und das hat sehr viel Spaß gemacht.