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Isch kandidiere, Schätzelein!

Isch kandidiere, Schätzelein!

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Foto: REUTERS

Essen. Nun wird der Wahlkampf doch noch einmal spannend. Alle dachten, das Rennen um den Einzug ins Kanzleramt sei längst entschieden. Sie hatten die Rechnung ohne einen Mann gemacht, der wie kein anderer die verschwitzte Hand am Puls des Bürgers hält.

Sie hatten nicht mehr damit gerechnet, dass im Endspurt doch noch eine richtige Rampensau mitmischt, einer, der im verknautschten Trenchcoat die Menschen begeistert, einer wie, weisse Bescheid, Schätzelein: Horst Schlämmer!

Als Hape Kerkelings populärste Kunstfigur gestern zur Pressekonferenz lud, balgte sich das politische Berlin um die Plätze. Eigentlich stand ja eine PR-Aktion zum Start des neuen Kerkeling-Films „Isch kandidiere” auf dem Programm, der pünktlich zum Wahl-Endspurt am 20. August in die Kinos kommt. Aber die Grenzen zwischen Politik und Show sind wohl nicht immer sauber zu trennen. 30 TV-Teams und Dutzende Journalisten protokollierten so die Geburt der „HSP”, der Horst-Schlämmer-Partei, im Saal des Hotels Ritz Carlton. Nicht wenige von ihnen fragten sich wohl insgeheim, wieviel Stimmen dieser Schlämmer wohl bekommen würde, wenn er wirklich zur Wahl antreten und nicht nur für seinen Filmklamauk werben würde.

Zwischen Kerkeling und Schlämmer passt inzwischen kein Blatt Papier mehr. Der geniale Komödiant zieht sich völlig hinter seine Kunstfigur zurück, gibt keine Interviews mehr außerhalb des Rollenschemas. Das ist inzwischen üblich im Geschäft. Wenn Sacha Baron Cohen den Borat propagiert, tritt er stets als Mann aus Kasachstan auf, gibt er den Brüno, sieht man ihn grundsätzlich als Wiener Modetucke, und Helge Schneider hat man sowieso noch nie anders als die singende Herrentorte erlebt.

Schlämmer ist Kerkelings beste Nummer geworden, warum auch immer, was einiges heißt bei einem Comedian, der mit Uschi Blum oder Evje van Dampen auch andere gute Rollen drauf hat.

Richtig auf Touren kommt er aber zur Zeit nur mit dem Mann aus Grevenbroich. Durch die Hamsterzähne sprudeln ungeniert die schmierigen Zoten, das Herrentäschlein wackelt munter, wenn der Besitzer seine schmuddeligen Anzüglichkeiten absondert, und die besten Sprüche von seinem jüngsten Auftritt werden garantiert in den nächsten Tagen in jeder Kantine kolportiert.

Also sprach Kandidat Schlämmer: Schweinegrippe? – Nicht mit uns! Kostenlose Sonnenbank und freie Schönheitsoperationen für alle! Absenkung des Wahlalters auf zwölf Jahre! Verlegung des Regierungssitzes von Berlin nach Grevenbroich („Dat kann isch beim G8-Gipfel selbst absperren”)!

Das ist alles lustig. Aber zuweilen überfällt die Zuhörer auch ein leichtes Unbehagen, weil man nicht sicher ist, ob man solche Schlagworte nicht doch schon bei den etablierten Parteien gehört hat, dann aber ganz ernst gemeint.