Mit der Sommerhitze schmelzen die Umsätze der Schoko-Hersteller regelmäßig dahin. Hitzetaugliche Schokolade gibt es aber nur mit Geschmacksabstrichen.
München.
Die sommerlichen Temperaturen machen den Schokoladen-Herstellern in Deutschland wenig Freude. Wenn sich die Vollmilch-Tafel im Freibad in braunen Brei verwandelt, geht die Lust auf Schokolade schlagartig zurück.
„Tropenschokolade“
Seit Jahren suchen die Hersteller nach einem Ausweg aus dem Sommer-Dilemma. Denn mit jedem Grad mehr auf dem Thermometer haben sie weniger Geld in der Kasse. Aber die nicht-schmelzende Schokolade, die sich damit auch für den Export nach Afrika und Asien besser eignen würde, bleibt trotz aller Bemühungen ein zäher Brocken für Forscher und Firmen.
Unter dem Stichwort „Tropenschokolade“ liefen schon vor Jahrzehnten erste Tests mit hitzebeständiger Schokolade. „Das Thema ist ein Dauerbrenner für die Industrie“, sagt Lebensmittel-Forscher Wolfgang Danzl, der sich am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik in Freising bei München mit Herstellungsverfahren für Schokolade befasst.
Aber einen Durchbruch gab es noch nicht. Zwar lässt sich der Schmelzpunkt der Schokolade, der normalerweise bei rund 36 Grad liegt, etwa durch höher schmelzende Fette erhöhen. Das geht aber auf Kosten des Geschmacks. Denn dann schmilzt die Schokolade auch nicht mehr im Mund, sondern muss zerkaut werden wie eine alte Scheibe Brot.
Wachsig im Mund
„Das führt zu einem wachsigen Mundgefühl“, sagt Danzl. In Brasilien ist inzwischen eine hitzebeständige Schokolade im Handel. Aber auch diese überzeugt den Forscher geschmacklich nicht. „Tranig“, lautet sein Urteil. „Der Genuss geht zurück.“
Einen Erfolg konnte sein Team aber beim „Fettreif“ verbuchen, wie ein anderes Problem bei Schoko-Waren bezeichnet wird: Gemeint sind weiße Flecken auf der Oberfläche von überzogenen Pralinen oder Gebäck. Sie entstehen nach längerer Lagerung durch Fettablagerungen und werden von vielen Verbrauchern irrtümlich für Schimmel gehalten. Die Forscher haben aber herausgefunden, dass sich diese Problemzone durch Veränderungen im Herstellungsprozess in den Griff bekommen lässt.
Ein ähnlicher Fortschritt bei der „Tropenschokolade“ käme der Schoko-Branche gerade mehr als recht. In Deutschland stagniert der Schoko-Verzehr seit Jahren bei neun bis zehn Kilo pro Person und Jahr. „Das Wachstum kommt ausschließlich über den Export“, sagt eine Sprecherin des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie. Weltweit wächst der Appetit auf Schokolade beständig.
Schokolade für den Kühlschrank
Mit steigendem Wohlstand nimmt das Interesse vor allem in China kräftig zu – und davon profitierten auch die Hersteller in Deutschland. In Hitze-Regionen mit durchgehenden Kühlketten bis ins Geschäft läuft der Handel bereits gut, heißt es beim schwäbischen Hersteller Ritter Sport. In Ländern wie Indien sei die Infrastruktur aber oft noch ein Problem.
„Zerlaufende Ware möchte natürlich niemand kaufen“, sagt ein Unternehmenssprecher. Beim Fraunhofer-Institut kommen deshalb auch regelmäßig Anfragen von Firmen nach hitzebeständigeren Verpackungen für die sensible Ware.
In Deutschland setzen die Hersteller derweil im Kampf gegen das Sommerloch auf den Kühlschrank – mit gefüllten Schokoladen, die sich auch gekühlt nicht in ein braunes Brikett verwandeln. Das beste fürs Geschäft ist aber immer noch kühles Wetter: Bei Temperaturen unter 15 Grad zieht der Verkauf wieder deutlich an. Aber zunächst einmal genießt Deutschland jetzt den Sommer. (dpa)