Essen. In Belgien soll die Haltung von Schlangen, Echsen und Co. gesetzlich verboten werden. In Österreich gilt die Regelung bereits. Obwohl immer mehr Exoten ihr herrchenloses Ende in deutschen Tierheimen finden, scheint hierzulande eine Lösung noch in weiter Ferne.
Schuppen, Hörner und eine Schleuderzunge – was sich zunächst nach einem Tier aus dem tiefsten Dschungel anhört, hat bereits Einzug in deutsche Haushalte gehalten. „Der Trend in Deutschland geht hin zu immer ausgefalleneren Reptilien“, erklärt James Brückner, Experte für Arten- und Naturschutz des Deutschen Tierschutzbundes. Und dass die Nachfrage nach exotischen Tieren stetig steigt, dass kann auch Norbert Zajac bestätigen. Er ist seit fast 35 Jahren Tierhändler und führt in Duisburg den weltweit größten Zoofachhandel. „Wir importieren unsere Tiere fast nur aus deutschen Nachwuchszuchten“, erklärt er. Und die haben ihren Preis. „Ein Chamäleon“ – eben jenes Tier mit Hörnern und Schleuderzunge – „kostet bei uns zwischen 70 und 400 Euro – dafür hat der Käufer aber auch eine zweiwöchige Garantie.“ Laut Zajac ist das mit ein Grund, warum das Verhalten seiner Kunden sich in den letzten Jahren stark verändert hat: „Früher war der Umgang mit den Tieren viel sorgloser – heute sind sie vernünftiger. Das liegt mitunter daran, dass die Tiere teurer geworden sind. Sie sind längst kein Wegwerfprodukt mehr.“ Zajac lehnt auch mal einen Kunden ab, wenn er nicht davon überzeugt ist, dass dieser seine Tiere artgerecht halten kann. „Das kommt öfter vor, als man denkt“, ergänzt er.
Der Tiermarkt boomt
Doch nicht alle fühlen sich dem Wohl der Tiere verpflichtet. Denn, wer von Zajac als Kunde abgelehnt wird, kann sich schließlich noch auf einer Tierbörse oder im Internet sein Wunschhaustier ergattern. Dort bekommt er ein Chamäleon für den Preis von gerade mal zehn Euro. Dieses Problem sieht auch Brückner. „In NRW gibt es keine eindeutigen Regelungen. So kann sich jeder ganz unproblematisch ein Tier zulegen, sofern es nicht gefährlich oder gefährdet ist.“ Und der Markt boomt. Brückner schätzt, dass jedes Jahr bis zu zwei Millionen Tiere nach Deutschland gebracht werden, denen nicht selten ein düsteres Schicksal droht. „In den letzten Jahren ist die Zahl der Exoten, die in den Tierheimen enden, deutlich gestiegen.“ Vor allem ungeliebt gewordene Reptilien werden auf diese Weise entsorgt. Ein Problem will das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz aber nicht sehen. „Es ist zwar eine zunehmende Tendenz zur Haltung von exotischen und auch gefährlichen Tieren durch Privatpersonen festzustellen“, wird erklärt. „Die Zahl der den Behörden bekannten Schadensfälle ist jedoch nach wie vor auf sehr niedrigem Niveau. Insofern sehen wir derzeit keinen Handlungsbedarf.“ Doch dass die Schadensfälle im Dunkeln bleiben, überrascht kaum. Schließlich, sagt auch Zoohändler Zajac, sei es letztendlich unmöglich zu erfahren, wie mit den neuerworbenen Tieren hinter den eigenen vier Wänden umgegangen wird.
Was ist ein Exot?
„Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Exotenhaltung komplett verboten wird“, so Brückner. Vorbild ist Österreich, wo die Haltung bereits gesetzlich untersagt ist, ebenso wie in Belgien, das als zweites EU-Land ab dem 1. Oktober folgt. Davon scheint man in Deutschland jedoch noch weit entfernt zu sein. Denn schon bei der Definition wird es kompliziert. Was ist ein exotisches Tier genau ? Ist es gefährlich oder gefährdet? Ist es in Europa oder im Ausland heimisch? Der Deutsche Tierschutzbund hat erste Lösungsansätze. Zunächst könnte ja die Artenschutzregelung ausgeweitet werden und auch ein Sachkundenachweis von Tierliebhabern verlangt werden. Die könnten dann beweisen, dass sie in der Lage seien, die Tiere den Bedürfnissen entsprechend zu halten. Aber davon scheint man noch weit entfernt.
„Soll es etwa besser sein, Hamster zu halten, nur weil sie länger domestiziert sind?“, wirft Zajac die Frage in den Raum. Eine Frage, die sich ein Tierhalter oder der, der es sein möchte, einmal stellen sollte. Schließlich hat jedes Tier das Recht darauf, ein zufriedenes Haustierdasein zu führen. Und auch manch eine Katze, die in den engen vier Wänden ihres Herrchens eingepfercht ist, wird nicht unbedingt artgerecht gehalten.