Veröffentlicht inPanorama

England bangt um den Mann, der Paul Gascoigne war

England bangt um den Mann, der Paul Gascoigne war

Die Alkoholsucht machte das englische Fußball-Idol Paul Gascoigne zum Wrack. Jetzt fürchten Freunde sogar, dass sich „Gazza“ zu Tode trinken könnte. Unlängst gab Gascoigne vor einem Londoner Hotel ein mehr als trauriges Bild ab: Er saß auf dem Bürgersteig und bettelte Passanten um einen Drink an.

London. 

Der Mann, der einmal Paul Gascoigne war, liegt auf dem Boden vor einem Londoner Hotel. Passanten haben ihn an eine Mülltonne gelehnt, sie soll ihm Halt geben. Doch die ausgemergelte Gestalt, die da eine leere Flasche Gin aus der Hosentasche hervorkramt und die Umstehenden mit müden Augen um einen weiteren Drink anfleht, hat längst sämtlichen Halt verloren. 46 Jahre alt ist „Gazza“ jetzt – oder besser gesagt: das, was von ihm übrig geblieben ist. „Er hat wieder den Selbstzerstörungsknopf gedrückt“, sagt ein enger Vertrauter des einstigen englischen Fußball-Idols (u.a. Newcastle United, Tottenham Hotspur, Lazio Rom), das dieser Tage im Begriff ist, sich zu Tode zu saufen.

Eine unendlicheGeschichte

„Booze“, das englische Wort für Fusel, und Paul Gascoigne: eine bislang unendliche Geschichte mit zahllosen Kapiteln, die von Suff, Kokainmissbrauch, Entziehungskuren und Selbstmordversuchen handeln. Eine Geschichte, die jetzt auf ihren dramatischen Höhepunkt zusteuert. Happy End offenbar ausgeschlossen. Schon zu oft sind die Hoffnungen, Gascoigne könne den Dämon Alkohol besiegen, in Pints von Lagerbier, Unmengen von Gin und Malt Whisky ersoffen.

Noch vor wenigen Monaten, nach einem verstörenden und Mitleid erregenden Auftritt bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Northampton, haben prominente Freunde eine unvergleichliche Rettungsaktion für das frühere Mittelfeld-Ass gestartet. Tausende von Pfund haben sie mit Hilfe der Boulevardpresse gesammelt, damit Gascoigne zur Behandlung in eine Drogenklinik in den USA reisen konnte. Dort, in der Abgeschiedenheit Arizonas, war er dem Tod bereits ganz nah, denn seine durch jahrzehntelangen Missbrauch geschundenen Organe wehrten sich gegen den Entzug und drohten mit Komplettversagen. Ein Wunder, so sagten die Ärzte damals, dass er es noch einmal geschafft hat.

Geholfen haben ihm die als Rehabilitation und Entwöhnung vom Alkohol gedachten Wochen in den USA nicht. Seit seiner Rückkehr auf die Insel wartete die englische Presse förmlich darauf, dass der WM-Held von 1990 wieder zur Flasche greifen würde. Nicht vergeblich. Vergangene Woche randalierte Gascoigne auf einem Bahnsteig in der Grafschaft Hertforshire, pöbelte seine Ex-Frau Sheryl an, die er 1996 in seiner Zeit beim schottischen Rekordmeister Glasgow Rangers im Vollrausch schon einmal grün und blau geprügelt hatte. Damals kam der Superstar ungeschoren davon, diesmal steckte ihn die Polizei zur Ausnüchterung in eine Zelle. Für eine Nacht.

Parallelen zu George Best

Am nächsten Tag betrat der nach einer Hüftoperation gehbehinderte Paul Gascoigne auf Krücken einen Schnapsladen in London, kaufte sich eine Flasche Gordon Dry Gin und leerte diese noch im Geschäft. Eine Überwachungskamera filmte das gespenstische Geschehen, und das Massenblatt „The Sun“ veröffentlichte das Video. Es zeigt einen todkranken Menschen, der nur noch dazu in der Lage ist, das in seinem Körper verbliebene Fünkchen Leben dazu zu nutzen, die Pulle an den Hals zu setzen.

„Er wird so enden wie mein Mann“, befürchtet Alex Best. Sie war die Ehefrau von George Best, dem begnadeten nordirischen Flügelspieler. Best prägte einst den Satz: „Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst.“ 2005 ist George Best im Alter von 59 Jahren an Multiorganversagen gestorben. Nach unzähligen Alkoholexzessen.