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Die junge Frau aus Zimmer 12

Die junge Frau aus Zimmer 12

Berlin. 

Offenbar alle 14 Jahre bringt Frankreich eine weibliche Popsensation hervor. Nach Vanessa Paradis („Joe le Taxi“, 1987) und der kleinen Korsin Alizée („Moi . . . Lolita“, 2001) kommt jetzt die 19 Jahre alte und rundum bezaubernde Louane mit ihrer Nummer-eins-Single „Avenir“ und dem Album „Chambre 12“. „Es passierte praktisch alles auf einmal“, erzählt Louane Emera, „ich hatte überhaupt keine Zeit, um zu verstehen, was da gerade los war mit mir und um mich herum.“ Etwas gedankenverloren spielt Louane, die in Wirklichkeit Anne Peichert heißt und sich den Künstlernamen gönnte, „um Berufliches und Privates ein bisschen zu trennen“, im Hof eines Berliner Hotels an einer ihrer blonden Haarsträhnen herum, ganz so, als überlege sie noch immer, wie sie es geschafft hat, innerhalb eines Jahres das berühmteste Mädchen Frankreichs zu werden.

In ihrem Heimatland zählt Loaunes Single „Avenir“ zu den erfolgreichsten des letzten Jahres, auch bei uns läuft sie prächtig. In Deutschland schaffte sie es auf Platz 3 der Charts; nach 22 Wochen ist der Song jetzt auf Platz 13. „Ich habe schon als Schülerin immer von dem Leben geträumt, das ich jetzt habe“, so Louane. „Ich hatte extrem viel Glück.“

Trotz des frühen Ruhms: „Ich fühle mich keinen Tag älter als 19. Ich glaube nicht, dass ich wegen der Karriere schneller erwachsen werde. Ich werde einfach so erwachsen, wie das für mich richtig ist. Ich mache mehr als genug von dem typischen Quatsch, den 19-Jährige so machen.“

In Frankreich ist sie jetzt vor allem auch ein Mensch, der alle paar Meter auf der Straße angesprochen wird. (In Berlin konnte ich total unerkannt überall rumlaufen, das war schön.) Und das kam so: Mit 16 bewirbt sich Louane, die im nordfranzösischen Örtchen Hénin-Beaumont aufwuchs und für ihr Leben gern mit dem Kindermädchen sang, auf Vorschlag ihrer Mutter bei der französischen Ausgabe von „The Voice“. Sie erreicht das Halbfinale und wird von Eric Lartigau, dem Regisseur der Taubstummen-Familien-Komödie „Verstehen Sie die Béliers“, für die Rolle der Tochter und leidenschaftlichen Sängerin Paula Beliér engagiert. Sieben Millionen Franzosen schauten den Film, für den Louane sogar Gebärdensprache lernte, an. Sie erhält für ihre Rolle den Filmpreis César als beste Nachwuchsschauspielerin und nimmt gleich darauf das Album „Chambre 12“ auf. „Dieses Zimmer“, sagt sie, „das ist Fantasie. Ich mag den Titelsong sehr gern, es geht um mein Zimmer im Kopf, mein eigenes Universum. Ich lade die Hörer ein, mit mir dieses Universum namens Louane zu entdecken und vielleicht zu mögen.“ Checkt Emera nun in irgendwelchen Hotels ein, meidet sie nach Möglichkeit Zimmer 12, „denn dort würden die Leute ja alle zuerst nach mir suchen und Tag und Nacht klopfen.“

Ihr großes Vorbild heißt Vanessa Paradis

Dass Louane, die vor knapp zwei Jahren die Schule abbrach (eine schwere, aber richtige Entscheidung, denn ich habe meinen Traumberuf ja längst gefunden), vom Schicksal nicht nur geküsst, sondern auch schwer mitgenommen wurde, merkt man weder ihr selbst noch ihren Liedern an. Das jüngste von sechs Kindern verlor vor Kurzem beide Eltern. Der Vater starb noch während „The Voice“, die Mutter nicht einmal ein Jahr später. „Ich konnte immer über alles sehr offen und ehrlich mit meinen Eltern sprechen“, sagt sie, „sowohl über Jungs als auch über die Schule. Wir haben uns gegenseitig immer zugehört. Es gab nichts, was meine Eltern nicht über mich wussten.“

Übrigens: Ihr großes Idol Vanessa Paradis hat Louane auch bereits kennengelernt. „Wir haben uns zwei Minuten lang unterhalten. Was diese Frau geleistet hat, ist unglaublich. Vanessa ist ein echter Freigeist. Mit ihr verglichen zu werden, ist ein Riesenkompliment.“