Denglish forever – Warum die Briten in der EU bleiben müssen
Brexit? No way! Schließlich verdanken wir den Briten unsere schönste Sprache: Denglish. Sie müssen bleiben! You’ll never talk alone.
Berlin.
Okay, es muss sein, also bringen wir es direkt hinter uns: „Equal goes it loose“ soll der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke der Queen zugeflüstert haben, als bei einem Staatsbesuch von Königin Elizabeth in Deutschland die beiden Staatsoberhäupter gemeinsam auf den Beginn einer Opernvorführung warteten – und Lübke meinte, es gehe gleich los. Der royale Gast aus Großbritannien habe leicht irritiert geguckt, heißt es.
Die Lübke-Episode ist der Klassiker unter den Englisch-Verirrungen deutscher Politiker. Ob sich die Szene wirklich so zugetragen hat, ist nicht verbürgt. Wenn nicht, dann ist sie gut erfunden. Denn die holprigen Englischkenntnisse des Präsidenten sind auch rund ein halbes Jahrhundert später typisch für die Schwierigkeiten im Umgang mit der Weltsprache Nummer eins bei so manchem deutschen Politiker. Englische Sprache, schwere Sprache. Heinrich Lübke hätte wohl gesagt: English is very heavy.
Nehmen wir nur Günther Oettinger. Der CDU-Mann aus dem Ländle ist der lebende Beweis dafür, dass der Schwaben-Slogan „Wir können alles – außer Hochdeutsch“ eine maßlose Prahlerei ist. Als EU-Kommissar im international geprägten Brüssel muss Oettinger bisweilen Englisch sprechen. Und das klingt dann so:
Deutsche Politiker gingen insgesamt sehr unterschiedlich mit dem Englischen um. Helmut Schmidt etwa war als Bundeskanzler und Vater der internationalen Gipfeltreffen immer sichtlich stolz auf seine Sprachkenntnisse und hielt gern Reden in Englisch. Über den sprachlich eher ungelenken Helmut Kohl erzählte man sich dagegen, er habe dem US-Präsidenten Ronald Reagan das Du angeboten – mit den Worten „You can say you to me“.
Joschka Fischer wiederum hatte als Außenminister keine Probleme bei der legendären Podiumsdiskussion mit US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, als man in Sachen Irakkrieg überkreuz lag, übergangslos vom Deutschen ins Englische zu wechseln. Fischers „I am not convinced“ ging in die Geschichte ein. Sein Nachfolger Guido Westerwelle dagegen kanzelte vor versammelter Presse einen Journalisten ab, der eine Antwort in Englisch erbeten hatte: „Hier ist Deutschland.“
Aber es geht nicht nur um Politiker. Die Probleme der Deutschen mit der englischen Sprache sind vielfältig. Werfen wir einen Blick auf die häufigsten Fallstricke.
Das ti-äitsch
Die Zunge zwischen die Vorderzähne und los geht’s – mit den Schwierigkeiten. Denn wie spricht man mit der Zunge halb draußen? Aber es muss sein, soll „then“ nicht klingen wie „sänn“, was einen umgehend als Nicht-Briten entlarvt. Niemand legte diese sprachliche Fußangel so gnadenlos bloß wie Evelyn Hamann als TV-Ansagerin in Loriots genialem Sketch:
Aber Vorsicht: Wie böse es daneben gehen kann, wenn des Englischen Ungeübte zum „th“ gezwungen werden, weiß jeder Bahnfahrer. Das „Ssänk ju vor träwweling…“ mancher Zugführer wurde zum Dauer-Gag in den ICE-Abteilen – bis die Bahn ihre Mitarbeiter gnädig erlöste und die Ansage wieder strich. „Wii wisch ju a plässent dschörnie“ klingt zwar auch irgendwie schräg. Aber wenigstens darf die Zunge an ihrem Platz bleiben.
Die wortwörtliche Übersetzung
„My sister becomes a baby.“ Well, dumm gelaufen für die Schwester, wird sich der Brite denken und „makes himself out of the dust“. Tja, wenn das so einfach wäre: Nur Wort für Wort übersetzen – und fertig ist die Nummer. „English for runaways“ nennt sich diese gänzlich untaugliche Methode. Wer erinnerte sich nicht an den Rennrodler Schorsch Hackl, der 1992 in Lillehammer über den Olympiasieg philosophierte: „The gold medal hangs very high for me.“ Ein Meister dieses Fachs ist auch Lothar Matthäus, der mit seinem fränkischen Zungenschlag der Sache noch einen zusätzlichen Akzent verleiht:
Die Wortneuschöpfung
So ein mobiles Telefon kann man natürlich nicht einfach mobiles Telefon nennen. Klingt ja gar nicht cool. Das muss ‘was Englisches her. Oder etwas, das der Deutsche für Englisch hält. „Handy“ hatte sich flugs durchgesetzt, als die ersten Mobiltelefone auf den deutschen Markt kamen. Komisch nur: Der Brite kannte dieses Wort bis dato überhaupt nicht, er spricht stattdessen in sein „mobile“. Tja, so ist das, liebe Briten, da muss man erst einmal nach Deutschland kommen, um so richtig Englisch zu lernen.
Ein wenig anders verhält es sich mit der Gewohnheit von Fußballfans, bei großen Fußballturnieren ganze Plätze oder Straßenzüge zu okkupieren, um gemeinsam vor einer Großleinwand zu zittern und zu jubeln. Auch da reicht „gemeinsam gucken“ offenbar nicht als Beschreibung, so wurde das „public viewing“ geboren. Mit diesem Begriff verbinden Briten allerdings ein ganz anderes Ereignis: die öffentliche Aufbahrung eines Verstorbenen. Der Blick in ein Wörterbuch wäre da wohl hilfreich gewesen.
Wie man ganz gelassen und ohne Peinlichkeit mit seinen Lücken im Englischen umgehen kann, hat ein deutscher Auswanderer ins Vereinigte Königreich bewiesen. Jürgen Klopp, der sich gerade in Dortmund mit dem Kohlenpott-Slang angefreundet hatte, muss inzwischen in Liverpool bei Pressekonferenzen die einheimische Presse unterhalten. Was ihm mitunter mit einer kräftigen Prise Selbstironie perfekt gelingt. Wir sagen nur: „Sometimes one comes to the other…“