Die Regensburger Abmahn-Kanzlei, die Porno-Tauscher auf einer Liste im Internet bloßstellen will, sieht sich scharfer Kritik ausgesetzt. Porno-Anbieter sehen ihre Rechte verletzt, Rechtexperten halten die Veröffentlichung einer so genannten Gegnerliste für „zweifelhaft“ und „unzulässig“.
Regensburg.
Wegen der geplanten Veröffentlichung von Namen abgemahnter Internetnutzer, die
pornografische Filme illegal heruntergeladen und weiterverbreitet haben, muss
eine Regensburger Anwaltskanzlei mit Sanktionen rechnen. Das Bayerische
Landesamt für Datenschutzaufsicht prüft den Fall derzeit. Das bestätigte eine Sprecherin
der Behörde am Dienstag.
Die auf Urheberrechtsverletzungen spezialisierte Anwaltskanzlei aus
Regensburg hatte angekündigt, ab 1. September eine sogenannte Gegnerliste ins
Internet zu stellen. Rechtsexperten und Standesvertreter übten scharfe Kritik an
dem Vorgehen.
Kanzlei vertritt Porno-Anbieter
Zu den Mandanten der Kanzlei U + C Rechtsanwälte zählen nach eigenen
Angaben Anbieter aus der Erotikbranche, die ihre Rechte verletzt sehen.
Medienberichte, wonach die Veröffentlichung von bis zu 150.000 Datensätzen
geplant ist, wollte die Kanzlei auf Anfrage nicht bestätigen. Die Zahl der
abgemahnten Internetanschluss-Inhaber werde man aus Wettbewerbsgründen nicht
nennen, hieß es dazu.
Allerdings müssten nur solche Internetnutzer mit einer
Namensveröffentlichung rechnen, bei denen das Filesharing „ein gewerbliches
Ausmaß erreicht“ habe, sicherte die Kanzlei in einer Stellungnahme zu. Bei ihrem
Vorgehen beruft sich die Kanzlei auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
aus dem Jahr 2007.
Deutscher Anwaltverein spricht von „Grenzüberschreitung“
Die Sprecherin des Landesamtes für Datenschutzaufsicht mit Sitz in
Ansbach wollte unter Verweis auf das laufende Verfahren keine näheren Auskünfte
geben. Allerdings sei die Behörde allgemein der Auffassung, dass eine
Veröffentlichung der Namen von Privatleuten auf Gegnerlisten grundsätzlich nicht
zulässig ist. Mögliche Sanktionen gegen die Kanzlei seien ein Bußgeld oder die
Anordnung, auf die Veröffentlichung zu verzichten, sagte die Sprecherin.
Der Deutsche Anwaltverein wertet die geplante Veröffentlichung als
„Grenzüberschreitung“. Unter rechtlichen Gesichtspunkten sei sie „äußerst
zweifelhaft“, sagte das Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Informationstechnologie
im Deutschen Anwaltverein, Julian Höppner. Es sei zweifelhaft,
ob das Publizieren der Namen datenschutzrechtlich und auch berufsrechtlich
zulässig ist.
Gegnerliste würden stark ins Persönlichkeitsrecht eingreifen
„Wir sind der Auffassung, dass man sich auch nicht auf das Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2007 stützen kann“, sagte Höppner. Beim
damaligen Fall habe eine Kanzlei Namen bekannter Unternehmen veröffentlicht, um
mit ihnen als Gegner zu werben. „Im jetzigen Fall sind uns die Gründe nicht
ersichtlich“, sagte Höppner.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch der Leipziger Staats- und
Medienrechtler Christoph Degenhart. Durch die Veröffentlichung der Gegnerliste
werde zum Ausdruck gebracht, „dass sich die Gegner durch das Herunterladen und
Weiterverbreiten von Inhalten einer strafbaren Handlung schuldig gemacht haben
sollen“. Dies sei jedoch ein deutlich stärkerer Eingriff ins
Persönlichkeitsrecht, als ihn die Karlsruher Richter in ihrer Entscheidung 2007
akzeptiert hätten.
Rechtsexperte sieht „nötigenden Aspekt“
Zudem sei es eine ehrverletzende Äußerung, „wenn außerdem noch
erkennbar ist, dass Pornoseiten besucht worden sind“, sagte Degenhart weiter.
Weil die Betroffenen als vermeintliche Nutzer von Pornoseiten öffentlich
angeprangert würden, hätte der Vorgang nach Auffassung des Medienrechtlers
zusätzlich einen „nötigenden Aspekt“.
Zuvor hatte auch Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) das
Vorgehen der Kanzlei kritisiert. „Unter seriöser Rechtsverfolgung stelle ich mir
etwas anderes vor“, sagte Merk Ende vergangener Woche. Wer seine Forderungen
nicht außergerichtlich durchsetzen könne, müsse einen Mahnbescheid beantragen
oder vor Gericht klagen. (dapd)