Bartträger-Meisterschaft: Frisierte Symbole der Männlichkeit
In Baden-Württemberg kamen am Sonntag 135 Männer zum nationalen Bartvergleich zusammen. Teilnahmebedingung: ausreichend Bartwuchs.
Schömberg.
Sein brauner Bart hat eine Spannweite von 1,80 Meter. Doch sehen kann man das nicht direkt. Jürgen Burkhardt hat den Bart links und rechts zu fünffachen Spiralen aufgerollt. Der Schnurrbart ragt rund 30 Zentimeter zu den Seiten, waagerecht wie die Zöpfe von Pippi Langstrumpf. „Jeder Bart und jeder Mensch sind unterschiedlich. Man muss für einen bestimmten Bart der entsprechende Typ sein“, sagt der mehrfache Welt- und Europameister.
Burkhardt trägt einen schwarzen Frack, weiße Handschuhe und den Zylinder seines Großvaters. Das alles tut er für die deutschen Meisterschaften der Bartträger in Schömberg, einem Örtchen zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb. 135 Männer sind am Samstag gekommen, um in 18 Kategorien anzutreten. Zu den drei Oberkategorien Schnauzbärte, Kinn- und Backenbärte sowie Vollbärte gibt es jeweils sechs Disziplinen – wie „Schnauzer Dali“, „Kinnbart Chinese“ oder „Vollbart Verdi“.
Burkhardts Sparte: „Backenbart Freistil“. Da geht alles außer einem behaarten Kinn. Rund drei Stunden hat der 58-Jährige aus Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart vorher seinen Bart frisiert, um die Spiralen hinzubekommen. Im Alltag trägt er den Bart in zwei großen Rollen mit zehn Zentimetern Durchmesser. In seinem Job, er ist Fotograf, bereite ihm das keine Probleme. Obwohl er schon alles gewonnen hat und einen Bartkulturclub mit fast 100 Mitgliedern führt, wippt er mit den Knien bevor er auf die Bühne muss und sagt: „Man ist gespannt, was die Jury sagt.“
Junge Konkurrenz aus den USA
Meistens gehen die Bartträger nett miteinander um. Die Juroren geben nur Punkte zwischen fünf und zehn – zu schlecht soll niemand abschneiden. Doch Fünfen zeigen die sieben Richter in Schömberg nicht selten. Die Männer müssen vortreten, strecken das Kinn vor, manchmal greifen die Richter in die Bärte, um zu prüfen ob alles natürlich ist. Denn bei manchen Kategorien sind Hilfsmittel verboten.
Im internationalen Vergleich sind die Deutschen eigentlich die Bartträger-Nation Nummer eins. Doch die Amerikaner bereiten ihnen seit einigen Jahren Sorgen. Das Problem ist, dass die amerikanischen Bartträger viel jünger sind. Schon mit Mitte 20 haben manche lange Vollbärte, und da sei das Haar vitaler, sagt Burkhardt. Bei der vergangenen WM holten sie rund die Hälfte der Trophäen. „Das ist ein Generationswechsel, der in Deutschland noch nicht stattgefunden hat“, sagt er.
Einer der jüngsten Teilnehmer in Schömberg liegt laut Veranstalter rund 20 Jahre unter dem Altersdurchschnitt: Benny Reinhold, 32, Schnauzer Kaiserlich, blaukarierter Anzug, rote Krawatte. „Der Schnauzer ist das männlichste Symbol, das man in der Öffentlichkeit zeigen kann“, sagt er.
Lieber Lack als Haarspray
Er ist zum ersten Mal bei einer Meisterschaft dabei. Zur Bartpassion brachte ihn der sogenannte „Movember“ – eine Aktion, bei der sich Männer im November einen Schnurrbart wachsen lassen sollen, um auf Gesundheitsprobleme von Herren aufmerksam zu machen. Dieses Jahr will er durchstarten, Turniere in Ungarn und Österreich sind eingeplant.
Von den Profis wie Burkhardt hat er Tipps bekommen, Haarspray trocknet die Haare aus, Lack ist da besser. Und, nur aus Strohhalmen trinken, das macht den Bart nicht kaputt. Etwas anderes als den Schnäuzer traut sich Reinhold in Zukunft nicht zu. „Da reicht mein Bartwuchs nicht“, sagt er.
Burkhardt wird bei dieser deutschen Meisterschaft Dritter der Freistil-Backenbärte. Damit ist er zufrieden, ein Platz unter den ersten Drei war sein Ziel: „Für das nächste Mal muss ich ein bisschen an der Feinjustierung arbeiten“, sagt er. (dpa)