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Atheisten-Busbetreiber verklagen Verkehrsbetrieb

Atheisten-Busbetreiber verklagen Verkehrsbetrieb

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Berlin. In England rollen die farbenfrohen Doppeldecker der atheistische Kampagne, die für ein Leben ohne Gott wirbt, durch die Straßen. Deutsche Verkehrsbetriebe räumten diesem Anliegen keinen Platz auf ihren Fahrzeugen ein. Nun wollen die Atheisten klagen – und schicken eigene Busse los.

Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, dann muss der Prophet eben zum Berg gehen, heißt eine klerikal angehauchte Redensart. In Dortmund und Essen heißt es jetzt: Weil die Verkehrsbetriebe dieser Städte keine atheistische Buswerbung erlauben, kommt die „säkulare Werbekampagne“ eben mit einem eigenen Bus und macht hier Anfang Juni Station.

Die Katholiken dürfen werben

Der Bus ist ein gemieteter roter Doppeldecker mit Cabrioverdeck, der am 30. Mai in Berlin los- und 26 deutsche Städte anfährt. Der Werbespruch mit den größten und fettesten Buchstaben darauf lautet „Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott.“ Drei weitere humanistische Botschaften: „Werte sind menschlich – auf uns kommt es an“, „Aufklärung heißt, Verantwortung zu übernehmen“ und „Ein erfülltes Leben braucht keinen Glauben“.

Ursprünglich sollten diese Slogans auf kommunalen Bussen stehen, so wie in London auch, wo die internationale Kampagne der Nichtgläubigen im Januar ihren Anfang nahm. Doch keine der 17 gefragten deutschen Städte wollte mitmachen: In Dortmund lehnte der städtische Busanbieter DSW 21 ab, weil die atheistische Werbung „glaubenverachtend“ sei. Besonders ironisch: Das Katholische Forum durfte eine Werbefläche für einen Gegenslogan zu eben dieser Kampagne kaufen: „Keine Sorge: Es gibt Gott. Also schönen Tag!“

Essener Verkehrsbetriebe machten Rückzieher

Die Essener Verkehrsbetriebe (EVAG) sagten zunächst zu, nahmen diese Zusage dann aber wieder zurück, weil sie nach „massiven Beschwerden einzelner Kunden, die sich in Ihrer Weltanschauung gekränkt fühlen“ mit Umsatzeinbußen rechneten.

„Wir haben den Menschen aber eine Buskampagne versprochen, keine Plakate oder Fahrradsticker“, sagt Carsten Frerk (63). Dementsprechend heißt die Internetseite der Nichtgläubigen-Initiative, zu der Frerk gehört, buskampagne.de. Also nahm die Gruppe die 40.000 seit März gespendeten Euro in die Hand, charterte den Doppeldecker sowie zwei Fahrer und organisierte die Tour, die auch nach Münster, Hagen, Köln und Düsseldorf führt.

Infoveranstaltungen auf öffentlichen Plätzen

„Die Absage aus Essen war schon besonders heftig“, sagt Phillipp Möller (28), der Pressesprecher der Buskampagne. „Wir fahren aber nicht herum, um offene Rechnungen zu begleichen, sondern um den zahlreichen Menschen in Deutschland, die bewusst auf Religion verzichten, zu zeigen, dass auch sie eine öffentliche Stimme haben.“

Ein Drittel der deutschen Bevölkerung sei nicht gläubig, schätzt Peter Iblher (44), der sich als Werbefachmann an der Kampagne beteiligt – und als „mündiges Mitglied einer Generation, die Fundamentalismus, Fatalismus und Dogmatismus verhindern kann“ und den Artikel 4 des Grundgesetzes kennt.

Der Bus soll in den Städten kostenlose Rundfahrten machen oder einen festen Standplatz haben, wo es dann Infoveranstaltungen, Lesungen und ketzerische Musik von „Imagine“ bis „Always look on the bright side of life“ gibt. Dortmund und Hagen sind am 4. Juni dran, Essen und Düsseldorf am 5.