Die Protestanten der Gemeinden in Westfalen werten gleichgeschlechtliche Beziehungen auf. Die Ehe sei zwar eine besonders kostbare Lebensgemeinschaft, aber auch die anderen Lebensformen seien willkommen in der Gemeinde. Besorgt sind die Kirchenoberen über steigende Austrittszahlen.
Bielefeld.
Die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) geht auf gleichgeschlechtliche Paare zu: Die am Montag beginnende Landessynode soll öffentliche Segnungsgottesdienste für schwule und lesbische Paare ermöglichen.
Dem Beschluss ging ein zweijähriger Diskussionsprozess zum Thema „Familie“ in den Kirchengemeinden voraus. „Die Bibel in ihrer Gesamtaussage ernst zu nehmen, bedeutet auch die selbstverständliche Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Paare“, sagte Präses Annette Kurschus am Freitag in Bielefeld.
Die Ehe zwischen Mann und Frau hat demnach zwar eine besondere Stellung in der Familie – sie ist aber nicht die einzige Form des Zusammenlebens zweier Menschen. Die Ehe sei eine „kostbare Form des Zusammenlebens“, die besonderen Schutz brauche, betonte Präses Kurschus.
Zwei Jahre lang wurde über „Ehe und Familie“ diskutiert
Allerdings sei die Familie auch „ein Ort von Veränderungen, Spannungen und Konflikten“ und die Kirche müsse Rücksicht nehmen „auf die Umstände und Lebenssituationen der Menschen“.
Im Sommer 2013 war ein entsprechendes Positionspapier der Evangelischen Kirche von Deutschland (EKD) zu Ehe und Familie bei konservativen evangelischen Christen auf Kritik gestoßen. Der Rat der EKD fordert darin, alle Familienformen in den Blick zu nehmen, nicht nur das Leitmodell der bürgerlichen Familie mit Ehepartnern und Kindern. Es könne biblisch nicht als einzig mögliche Lebensform begründet werden.
Auch zum Thema Scheidung bezog Kurschus in Bielefeld eine klare Position: „In der evangelischen Kirche gehören auch geschiedene und Wiederverheiratete selbstverständlich dazu.“ Die Protestanten begegneten „dem Zerbrochenen barmherzig“. Man kann die Aussage auch als Seitenhieb auf die katholische Kirche sehen: Im Vatikan hatten erst kürzlich die Bischöfe über den künftigen Umgang mit wieder verheirateten Geschiedenen beraten – ohne dabei zu einem klaren Kurs zu kommen.
Wieder mehr Kirchenaustritte
Ein weiteres Thema auf der westfälischen Synode dürfte die erneut gestiegene Zahl der Kirchenaustritte sein. Laut der gestern vorgelegten Statistik verließen im vergangenen Jahr gut 13 000 Mitglieder die EKvW. Im Jahr 2012 waren es noch knapp 9500 gewesen.
Zuvor hatte bereits die Evangelische Kirche im Rheinland einen ähnlichen Trend gemeldet. Dort traten im vorigen Jahr gut 19.000 Menschen aus – gut 5000 mehr als im Jahr 2012.
Die Landessynode, in der die 514 Gemeinden über die Kirchenkreise vertreten sind, ist das höchste leitende und gesetzgebende Gremium der Evangelischen Kirche von Westfalen. Unter Leitung der Präses kommen die 203 Mitglieder des „Kirchenparlaments“ einmal jährlich zusammen.
129 Synodale einschließlich Kirchenleitung sind gewählt, 48 berufen oder entsandt. Von den 177 stimmberechtigten Synodalen sind 73 Theologen und 104 Nichttheologen. Hinzu kommen 26 beratende Abgeordnete.
Die Synode der EKvW tagt von Montag bis Donnerstag der kommenden Woche.