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Warum die Notfallambulanzen in Kliniken immer voller werden

Warum die Notfallambulanzen in Kliniken immer voller werden

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Sachsen will medizinische Versorgung besser verzahnen Foto: dpa (Archiv)
Immer mehr Patienten suchen die Notfallambulanzen auf – auch, wenn sie nur an Kleinigkeiten leiden. Für die Kliniken ein Milliardenverlust.

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Die Notaufnahmen von Krankenhäusern werden immer voller. In die Ambulanz des Klinikums Dortmund etwa kamen 2012 30.000 Patienten, 2015 waren es 35.000 – Tendenz steigend. Ein Grund sei der demografische Wandel, sagt Klinikumssprecher Marc Raschke: Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand in die Notfall-Ambulanz muss, steigt mit dem Alter.

„Die Hausärzte können die Ansprüche der Patienten dann gar nicht mehr erfüllen“, so Raschke. Es gebe aber auch Patienten, die mit Kleinigkeiten in die Notaufnahme kämen. „Die denken sich: Während der Arbeitszeit schaffe ich es nicht zum Hausarzt, dann geh ich nach Dienstschluss einfach in die Ambulanz“, so Raschke.

„Vom Hausarzt werden Sie zum nächsten Arzt geschickt“

„Ich kann mir vorstellen, dass manche Patienten es einfach vorziehen, in einer Klinik behandelt zu werden. Hier ist ja alles da, und beim Hausarzt werden Sie zehn Mal zu anderen Ärzten geschickt, bis eine Diagnose vorliegt“, sagt Bernd Huckels, Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses in Mettmann. Auch hier kommen immer mehr Menschen in die Notaufnahme, in den letzten fünf Jahren stieg die Patientenzahl um etwa 30 Prozent.

Wegen der großen Zahl von Patienten mit unterschiedlichen Leiden haben die Kliniken ein sogenanntes Triage-System eingeführt: Patienten werden in dringende, sehr dringende und akute Fälle eingeteilt. So soll gewährleistet werden, dass zum Beispiel ein Schlaganfall-Patient schneller behandelt wird, als jemand, der einen grippalen Infekt hat.

„Wir schicken keinen Patienten nach Hause“

Eigentlich sollte jemand mit einem grippalen Infekt in eine ambulante Notfallpraxis, statt in die Notaufnahme eines Krankenhauses, sagt Susanne Dopheide, Sprecherin der Uniklinik Düsseldorf: „Wir schicken keinen Patienten nach Hause, wenn er zu uns kommt. Aber solche Erkrankungen können in Notfallpraxen schneller und auch kostengünstiger versorgt werden“. Dopheide prognostiziert: „Solange in der Region Notfallpraxen schließen, kann man eher erwarten, dass der Druck auf die Notaufnahmen der Krankenhäuser zunimmt.“

Die Kassenärztliche Vereinigung hatte bereits 2015 angekündigt, bei den Notfallpraxen sparen zu wollen. Jetzt machen sich die Sparmaßnahmen allmählich bemerkbar. Etwa in Hilden: Die Notfallpraxis dort macht Ende Januar dicht. Rund 9000 Patienten wurden dort bislang jährlich behandelt. Das nahe Klinikum Solingen fürchtet jetzt einen Patientenansturm: Viele Menschen, die sonst in die Hildener Notfallpraxis gegangen wären, würden dann nach Solingen ausweichen, sagt Sprecherin Karin Morawietz.

Auch hier steigt die Patientenzahl massiv: Vor fünf Jahren kamen 33.000 in die Notaufnahme, jetzt sind es 45.000. Neben dem demografischen Wandel sieht Karin Morawietz eine grundsätzliche Unsicherheit bei Patienten als Grund für die Zunahme: „Manche Patienten differenzieren nicht bei Symptomen. Aus Unsicherheit gehen sie lieber ins Krankenhaus, statt erst einmal den Hausarzt zu konsultieren.“

„Notfallambulanz muss aufgewertet werden“

Dass zu viele Patienten mit Bagatellerkrankungen in die Notaufnahme und nicht in die Praxen gingen, zählt für das PatientInnen-Netzwerk NRW nur bedingt als Argument. „Oft ist für den Patienten selbst nur schwer einschätzbar, ob es sich tatsächlich um eine Bagatellerkrankung handelt“ sagt Julia Gakstatter vom Netzwerk. Die Verständigung zwischen niedergelassenen Ärzten und Klinik-Ärzten müsse verbessert werden, findet sie: „Im Moment schieben sich beide Seiten den schwarzen Peter gegenseitig zu.“

Für die Kliniken bedeutet die immer größer werdende Patientenzahl in den Notfallaufnahmen ein erhebliches Minusgeschäft. Pro Patient verdienen sie durchschnittlich 32 Euro – bei Kosten von durchschnittlich 120 Euro. „Jede Klinik zahlt also pro Patient 88 Euro, im Jahr macht das ein Defizit für alle Krankenhäuser von einer Milliarde Euro“, sagt Holger Mages von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Die Notfallambulanz müsse aufgewertet werden – auch politisch.

Das sei bereits geschehen, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium – mit dem Krankenhausstrukturgesetz, das seit dem 1. Januar in Kraft ist: „Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen zur Sicherstellung des Notdienstes entweder vertragsärztliche Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern als erste Anlaufstelle einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden“, so ein Sprecher. Außerdem würden Krankenhäuser, die sich umfassend an der Notfallversorgung beteiligen, künftig finanziell besser gestellt als Häuser, die das nur in einem geringen Umfang machen. Es komme jetzt darauf an, dass die gesetzlichen Vorgaben von der Selbstverwaltung konsequent und schnell umgesetzt werden.