Schon wieder Krise. Diesmal im Küchenschrank. Alles leer. Sofort Vorräte bunkern, sagt die Kanzlerin, für den Notfall. Aber wie soll man mit zwei Söhnen Reserven anlegen? Kinder sind Anfang und Ende jeder Krisenplanung. Sechs Pakete Nudeln sind nach drei Tagen weg, dazu ein Kilogramm Nuss-Nougat-Creme.
Gestern Großeinkauf: Hirse und Fenchel. Gold war zu teuer. Vorräte bleiben nur, wenn sie keinem schmecken. Das Tamiflu ist abgelaufen, aber noch im Kühlschrank. Hilft nichts, gibt aber Sicherheit – wie Minister Thomas de Maizière.
Seit einigen Tagen lesen wir uns die gruseligsten Stellen aus „Blackout“ von Marc Elsberg vor. Lehre eins: Vergiss das Auto, es wird in einem Monsterstau enden. Und einer hat dort immer die Knarre parat. Lieber die Fahrräder aufpumpen. Lehre zwei: Wasser. Nudeln ohne Wasser kann man immer noch lutschen, Zähneputzen geht mit Spucke. Aber was ist mit dem Klo bei einem Vier-Personen-Haushalt? Wir werden die Balkonbrüstung zugleich absenken und verstärken. Die volle Badewanne reicht ja nicht ewig. Nächste Woche kopieren wir die wichtigsten Dokumente klein und laminieren alles, wobei einige Mittelstufenzeugnisse zufällig vergessen werden. Der bestellte Generator passt ins Kinderzimmer und wird mit dem Sprit vom Auto betrieben. Achtung: Umgehend Tankschloss anbringen. Die Weinvorräte lagern wir unter Vatis Bett.
Verzweifelte Jagd nach Erinnerungsfetzen aus dem Erste-Hilfe-Kursus: Wie ging stabile Seitenlage noch? Für den Malteser Hilfsdienst habe ich als Student Altkleidersammelbeutel in Sparkassenfilialen verteilt – eine im Krisenfall nachrangige Fertigkeit.
Vielleicht sollten wir aufs Land ziehen, mit Windrad, Nutztieren, Brunnen und doppelläufiger Flinte. Das Warten auf Katastrophen kann eine erfüllende Lebensaufgabe sein. Im Vorratsschrank, noch hinter der Hirse, habe ich eine Dose Ravioli gefunden, Ablaufdatum 3/2012. Die gibt es heute Abend, als Vorspeise. Danach bestellen wir Sushi. Vielleicht zum letzten Mal.