Damaskus und Moskau haben scharfe Kritik an der erzwungenen Landung eines syrischen Passagierflugzeugs in der Türkei geübt. Der syrische Transportminister Mohammed Ibrahim Said bezeichnete den Vorfall am Donnerstag als „Piraterie“, Russland warf den türkischen Behörden vor, das Leben russischer Staatsbürger gefährdet zu haben.
Ankara (dapd). Damaskus und Moskau haben scharfe Kritik an der erzwungenen Landung eines syrischen Passagierflugzeugs in der Türkei geübt. Der syrische Transportminister Mohammed Ibrahim Said bezeichnete den Vorfall am Donnerstag als „Piraterie“, Russland warf den türkischen Behörden vor, das Leben russischer Staatsbürger gefährdet zu haben. Türkische Medien berichteten, die Behörden hätten militärische Ausrüstungsgegenstände beschlagnahmt. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte Aufklärung durch die beteiligten Länder.
Der Chef der syrischen Agentur für zivile Luftfahrt, Ghaidaa Abdul Latif, sagte, die Zwischenlandung stehe im Widerspruch zu Regelungen in der internationalen Luftfahrt. Zunächst hätte der Pilot gefragt werden müssen, sagte er. Stattdessen hätten Kampfflugzeuge die Maschine direkt zur Zwischenlandung gezwungen.
Türkische Kampfjets hatten die Maschine der Gesellschaft Syrian Air beim Eintritt in den türkischen Luftraum abgefangen und zum Flughafen der Hauptstadt Ankara eskortiert. Es habe der Verdacht bestanden, dass in der aus Moskau kommenden Maschine schwere Waffen nach Damaskus gebracht werden sollten, hieß es. Nach einem mehrere Stunden dauernden Zwischenstopp setzte die Maschine ihren Flug nach Damaskus mit 37 Personen an Bord fort.
Die russische Botschaft in Ankara legte Protest ein und forderte eine Erklärung von der türkischen Regierung. Das russische Außenministerium kritisierte die Türkei für die Gefährdung der 17 russischen Staatsbürger an Bord. Acht Stunden lang mussten die Passagiere demnach in dem Flugzeug ausharren, ohne sich im Flughafen mit Nahrungsmitteln versorgen zu können.
Westerwelle sagte, die Angelegenheit müsse gründlich aufgeklärt werden. „Niemand sollte jetzt Öl ins Feuer gießen und die Spannungen zusätzlich anheizen. Vor allem die syrische Seite sollte nicht durch Rhetorik, sondern inhaltlich zur Aufklärung beitragen“, sagte er während eines Besuchs in Peking.
Kommunikationsausrüstung, Störsender, Raketenteile
Die Behörden machten zunächst keine Angaben zu den beschlagnahmten Gegenständen. Die türkische Tageszeitung „Hürriyet“ meldete auf ihrer Webseite unter Berufung auf Sicherheitskreise, das Flugzeug habe Kommunikationsausrüstung und Störsender geladen. Der türkische Fernsehsender NTV berichtete, die Behörden hätten Raketenteile gefunden.
Der staatliche türkische Fernsehsender TRT berichtete, die türkischen Sicherheitskräfte hätten nach einer Durchsuchung militärische Kommunikationsgeräte beschlagnahmt. Der regierungsnahen Zeitung „Yeni Safak“ zufolge befanden sich zehn Frachtkisten an Bord der Maschine. Darin waren demnach überdies „Ausrüstungsgegenstände, die Teile für Raketen sein sollten“. Weder die Zeitung noch der Sender nannten Quellen für ihre Informationen.
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sagte am Mittwochabend, es seien Teile gefunden worden, „die bei Zivilflügen nicht erlaubt“ seien. „Wir sind entschlossen, den Fluss von Waffen an ein Regime zu stoppen, das solch skrupellose Massaker begeht“, sagte er. Seit dem Beginn der Aufstände gegen Präsident Baschar Assad im März 2011 wurden nach Angaben von Aktivisten mehr als 30.000 Menschen getötet.
Die NATO hatte Ankara am Dienstag demonstrativ Rückendeckung für den Fall einer weiteren Eskalation im türkisch-syrischen Grenzkonflikt zugesagt. „Wir haben alle notwendigen Pläne bereitliegen, um die Türkei zu schützen und zu verteidigen“, sagte Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel. „Wir hoffen aber, dass dies nicht notwendig sein wird.“
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2012-10-11 15:53:32.0