Eine 49-jährige Altenpflegerin muss sich für den Tod eines 52-jährigen Patienten verantworten. „Ich komme einfach nicht damit zurecht, dass er durch einen ganz dummen Fehler gestorben ist“
Düsseldorf/Monheim.
„Es tut mir fürchterlich leid. Ich komme einfach nicht damit zurecht, dass er durch einen ganz dummen Fehler gestorben ist.“ Altenpflegerin Astrid N. (49) muss sich vor dem Landgericht für den Tod eines Heimbewohners verantworten. Sie hatte ihm Sondennahrung in einen Venenzugang gepumpt. Der Mann war qualvoll gestorben. Möglicherweise hat aber nicht nur sie einen Fehler gemacht.
Der 52-Jährige war sehr krank, hatte einen künstlichen Darmausgang, war verwirrt, aß kaum noch, war auf 40 Kilogramm abgemagert. Schon mehrfach war er per Nasensonde ernährt worden, doch diese ist nicht für die Daueranwendung geeignet. Daher sollte er eine Magensonde erhalten.
Doch aus dem Krankenhaus kam er ohne Magensonde zurück. Eine Entzündung hatte ihren Einsatz verhindert. Ihm war aber ein Venenzugang am Schlüsselbein gelegt worden, über den Medikamente oder Nährlösungen direkt ins Blut gegeben werden können.
Brei verstopfte Gefäße in Lunge und Herz
Die Angeklagte hatte an diesen Zugang jedoch Sondennahrung angeschlossen, die im Zimmer des Bewohners stand. Obwohl die Anschlüsse nicht zusammenpassten – sie hatte sie mit Pflaster zusammengeklebt. Auch eine Pumpe schloss sie an. Die pumpte den Nahrungsbrei, der in den Magen soll, in die Blutbahn. Dort verstopfte er Gefäße in Lunge und Herz. Kolleginnen der Nachmittagsschicht fanden den Bewohner tot auf.
Sie habe nicht wahrgenommen, dass der Anschluss zu einem Venenzugang gehörte, sagte die Angeklagte. Als sie aus dem Urlaub zurück war, habe man ihr gesagt, der Bewohner sei „wie immer“. Den Entlassungsbrief des Krankenhauses habe sie gelesen, aber wohl nur „überflogen“.
Der Arzt, der später den Tod des Mannes bescheinigen sollte, berichtete gestern, dass die anwesenden Pflegerinnen nicht wussten, woran er gestorben war. Und überzeugt waren, der Venenzugang am Hals sei für Sondennahrung geeignet. Sie werde von dort in den Magen geleitet. „Das ist anatomischer Nonsens!“, so der Mediziner. „Entweder sie hatten keine Ahnung, was sie tun, oder sie wollten in die Irre führen. Er rief die Polizei.
Auch der Hausarzt des Heims zeigte sich entsetzt. Er habe der Pflegedienstleiterin und einigen Pflegerinnen erklärt, dass der Bewohner keine Magensonde habe. Die Angeklagte war nicht dabei. Sie war damals im Urlaub gewesen.
Katastrophale Zustände
Der Hausarzt nannte die Zustände in dem Heim „katastrophal“. Er habe erst durch diesen Vorfall erfahren, dass ein Venenzugang in dem Haus nicht gestattet sei – das untersagten die Statuten den Hauses. „Sie hätten den Patienten gar nicht mehr aufnehmen dürfen.“ Auch das Krankenhaus hätte den Mann nicht dorthin entlassen dürfen. „Es wurden viele Fehler gemacht! Der Fisch stinkt vom Kopf aus!“
Das Gericht verzichtete gestern darauf, zwei Pflegerinnen als Zeuginnen zu vernehmen. Er werde ihnen einen Anwalt als Zeugenbeistand vermitteln. Anschließend deutete der Vorsitzende Richter an, dass die Angeklagte möglicherweise nicht für Körperverletzung mit Todesfolge, sondern für den milderten Tatbestand fahrlässige Tötung verurteilt werden könne.