Der eine jongliert hauptamtlich mit Zahlen und leitet in seiner Freizeit die Kolpingsfamilie, der andere beschäftigt sich beruflich mit Seelen und steht der evangelischen Gemeinde vor. Am Samstag sind der katholische Kämmerer der Stadt, Stefan Kemper, und der protestantische Pfarrer Dr. Dietmar Kehlbreier aber vor allem eines: Fußballfans. Allerdings schlägt ihr Herz beim Derby im gegensätzlichen Takt.
Altena.
Wer Meister wird? Da muss Pfarrer Kehlbreier nicht lange überlegen: „Nur der BVB!“ Schon 1981 nahm ihn sein Patenonkel mit ins Stadion und spätestens 1986, als Wegmann den Ball im Relegationsspiel gegen Fortuna Köln ins Tor stolperte, war der junge Dietmar zum waschechten Fan geworden. „Damals gab es noch Stehplätze auf der Nordtribüne, die komplett wackelte“, erzählt der 39-Jährige.
Stefan Kemper indes kann sich gar nicht mehr so genau erinnern, seit wann er königsblau denkt: „Mein Vater war schon Schalker; klar, dass ich das auch wurde.“ Die Sache mit dem Titel sieht der 50-Jährige verständlicherweise etwas anders: „Das wird noch spannend – nach der Dortmunder Niederlage gegen Schalke.“ Und auch die Höhe des S04-Sieges kennt er schon: „3:1.“
Dietmar Kehlbreier schüttelt den Kopf und lächelt. „Nein, nein, das Derby konnte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen als jetzt, nach unserem Sieg über Bayern. Gegen Schalke hätten wir auch am vergangenen Donnerstagmorgen gewonnen.“
Der Pfarrer, seit 20 Jahren stolzer Dauerkartenbesitzer und Vorsitzender des Fanclubs „Bördemalocher“, guckt sich die heutige Auswärtspartie mit Freunden im TV an – darunter sogar ein „Blauer“, wie Kehlbreier die Gelsenkirchener zu nennen pflegt. „Wessen Mannschaft am Saisonende hinten liegt, der muss die anderen bekochen“, berichtet er von einem schönen Brauch in der Runde. Zum zweiten Mal in Folge steht nun wohl der Schalker am Herd…
Stefan Kemper, der nur unregelmäßig ins Stadion geht, bevorzugt die traditionelle Variante und hört gern die Radio-Konferenz. Am heutigen Nachmittag ist er allerdings auf eine Geburtstagsfeier eingeladen; doch was ein echter Knappe ist, der weiß sich zu helfen: „Über irgendein Radio oder übers Handy krieg ich die Zwischenstände schon mit.“
Wenngleich Dr. Kehlbreier schmunzelnd von zwei Lieblingsteams spricht – „der BVB und immer die Mannschaft, die gerade gegen Schalke spielt“ – eint die beiden Fußball-Kontrahenten doch eines: eine gewisse Abneigung gegenüber dem FC Bayern. Kemper bringt es auf den Punkt: „Ein absolutes No-Go.“
Doch Spaß beiseite: Auch wenn sich die beiden ein bisschen necken, steht eines für sie im Vordergrund: „Das Wichtigste ist, dass die Leute vernünftig bleiben und es ohne Gewalt über die Bühne geht“, sagt Kehlbreier. „Dem kann ich mich nur anschließen“, stimmt der Kämmerer ihm bei. Fußballerische Ökumene.