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Rheinland-Pfalz scheitert mit Hells Angel-Verbot

Rheinland-Pfalz scheitert mit Hells Angel-Verbot

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) steht bereits wegen des Flughafen-Verkaufs im Hunsrück unter Druck – jetzt ist er auch mit seinem Verbot des Vereins „Hells Angels MC Bonn“ aus formalen Gründen vorerst gescheitert. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz entschied nach Mitteilung vom Donnerstag, dass nicht das Landesinnenministerium, sondern der Bundesinnenminister für das Vereinsverbot zuständig sei. Damit ist das Verbot faktisch nicht mehr wirksam, die Rocker können sich wieder treffen und zusammen Motorrad fahren. Das Landesinnenministerium wies jedoch darauf hin, dass es das Verbot in Absprache mit dem Bundesinnenministerium erlassen habe.

Koblenz/Mainz. 

Laut OVG sind die „Hells Angels MC Bonn“ mit Sitz im rheinland-pfälzischen Kreis Neuwied auch länderübergreifend in Nordrhein-Westfalen aktiv gewesen. Das gehe zum Beispiel aus Stellungnahmen des Mainzer Landes- und des Bundeskriminalamtes hervor. NRW liege aber außerhalb der Zuständigkeit des rheinland-pfälzischen Innenministeriums.

Damit hatte zumindest der Eilantrag von 14 Rockern gegen das Verbot unanfechtbar Erfolg. Sie klagen auch im Hauptsacheverfahren dagegen. Sie nennen sich trotz ihres rheinland-pfälzischen Vereinssitzes „Hells Angels MC Bonn“, weil sie sich einst von einer Bonner Gruppierung der „Höllenengel“ abgespalten hatten.

Nur drei Tage vor der rheinland-pfälzischen Landtagswahl war es am 10. März 2016 laut dem Mainzer Innenministerium zum generell ersten vom Land verhängten Vereinsverbot seit Jahrzehnten gekommen. Bei einer Razzia mit 120 Polizisten wurden Stichwaffen, Motorräder und Vereinsvermögen beschlagnahmt. Lewentz betonte damals: „Die heutige Verbotsmaßnahme ist ein klares Signal an die kriminelle Rockerszene.“ Jüngst geriet er in die Kritik, weil der von ihm verantwortete Verkauf des Hunsrück-Flughafens Hahn vorerst platzte – die asiatischen Käufer entpuppten sich als mutmaßliche Betrüger.

Zur aktuellen OVG-Entscheidung teilte das Mainzer Innenministerium mit, es werde sie sorgfältig prüfen und „in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium darüber entscheiden, ob der Verbotsbescheid aufgehoben wird oder das Hauptsacheverfahren abgewartet wird“. Bei einer Aufhebung des Verbots werde das Bundesinnenministerium gebeten, erneut ein Vereinsverbot zu erlassen.

Mitgliedern der „Hells Angels MC Bonn“ werden schwere Körperverletzung, räuberische Erpressung, Bedrohung und Verstöße gegen das Waffenrecht vorgeworfen. Hintergrund ist der laufende Prozess vor dem Landgericht Koblenz gegen sieben Rocker wegen mutmaßlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung. Mit einem „Alleinvertretungsanspruch“ in ihrem Gebiet hatten sie laut Anklage andere Motorradclubs brutal drangsaliert.

Der schon im Januar begonnene Prozess weist mehrere ungewöhnliche Züge auf. So brachen einzelne Angeklagte das strikte Schweigegelübde der Szene. Bei mehreren Zeugen klickten wegen mutmaßlicher Falschaussage die Handschellen. Einer der Angeklagten hatte einst durch seine Haustür einen Elite-Polizisten erschossen. Nach seiner Verurteilung zu neun Jahren Haft sprach der Bundesgerichtshof von irrtümlicher Notwehr und hob die Strafe wieder auf. Später kam der Rockerchef wegen neuer mutmaßlicher Gewaltdelikte in Untersuchungshaft. Eine Sprecherin des Landgerichts sagte, der Prozess sei vorerst bis Dezember terminiert.

2016-08-04 15:29:11.0