Der Staat will seinen Beamten den Wechsel in die Privatwirtschaft erleichtern. Ohne allzu große Pensionseinbußen sollen Staatsdiener in die Wirtschaft wechseln können. Auch der Bund könnte davon profitieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Gesetzentwurf des Innenministers.
Berlin.
So schnell kann es gehen. Vor zehn Tagen forderten Union und FDP den Innenminister auf, den Beamten den Wechsel in die Wirtschaft zu erleichtern. Darauf hatte Hans-Peter Friedrich (CSU) nur gewartet. Ein Gesetzentwurf lag schon fertig in der Schublade. Der Innenminister hat nun „geliefert“.
Die Staatsdiener sollen ihre Pensionsansprüche künftig weitgehend behalten, wenn sie in ein Unternehmen wechseln. Das gilt für den Bund, nicht für die Länder. In Niedersachsen und Baden-Württemberg gelten schon ähnliche Regelungen. Ist es ein Anreiz, um Beamte loszuwerden? Oder eher umgekehrt: Wird der Staatsdienst attraktiver? Alle Fragen im Überblick.
Wie realistisch ist der Plan?
Die Koalition will ihn durchsetzen und noch vor der Bundestagswahl Fakten schaffen. Friedrich leistet offiziell nur eine Formulierungshilfe. Formal wird der Gesetzesentwurf vom Parlament eingebracht, dann geht es schneller. Noch im Februar soll auch das Kabinett über die Initiative beraten.
Was hemmt den Wechsel in die freie Wirtschaft?
Ein Beamter, der gekündigt hat, verliert mit der Entlassung aus dem Staatsdienst alle Pensionsansprüche. Zwar wird er von seinem bisherigen Dienstherren bei der gesetzlichen Rentenkasse nachversichert. Aber: Er steht dann viel schlechter da. Im Vergleich zu seiner Pension ist es eine Mindestleistung. Der Beamte verliert praktisch seine bisherige Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Wenn man nicht gerade eine lukrative Top-Stelle bekommt, zahlt sich der Wechsel nicht aus. Die Praxis ist nach Ansicht der schwarz-gelben Koalition eine „Hemmnis für die Mobilität und Flexibilität“.
Was will die Koalition erreichen?
Man will erstens einen größeren Erfahrungsaustausch zwischen dem öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft, wie der FDP-Politiker Stefan Ruppert der FAZ erklärte. Zweitens verspricht sich der Bund von der Neuregelung, dass mehr Leute aus der Wirtschaft zurückkehren beziehungsweise eine Beamtenlaufbahn überhaupt in Erwägung ziehen, die sie bisher als Sackgasse empfunden haben.
Hat der Staat denn Probleme, gute Bewerber zu finden?
Nein, weder quantitativ noch qualitativ. Aber im Zuge des demografischen Wandels wird der Kampf um Fachkräfte härter. Viele Fachleute etwa im IT-Bereich werden schon von der Wirtschaft teilweise an der Uni angeworben. Die hören sich an, was der öffentliche Dienst ihnen anbietet, „nicken dankend und gehen“, erzählt Britta Ibald vom Deutschen Beamtenbund.
Deswegen setzt Friedrich da an?
Nach den Plänen der Koalition soll jeder Beamter nach sieben Jahren im Staatsdienst in die freie Wirtschaft wechseln können und nur 15 Prozent seiner Pensionsansprüche verlieren. Mit einem „Altersgeld“ auf dem Niveau kann sich der Wechsel eher rechnen. Dann kann der Staat im Gegenzug diese Stellen abbauen und Kosten sparen. Auf das Gesetz dürfte nicht zuletzt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) warten. Die Bundeswehr wird verkleinert – die Berufssoldaten haben Beamtenstatus. Sie haben keinen Anreiz, die Truppe zu verlassen und sich um einen Job in der Wirtschaft zu bemühen. Das würde sich künftig ändern.
Besteht nicht das Risiko, dass Bund, Länder und Kommunen ihre besten Leute verlieren?
Das Risiko scheinen Union und FDP zu sehen. Zum einen setzten sie eine Überprüfungsklausel durch. Nach drei Jahren sollen die Folgen des Gesetzes überprüft werden. Zum anderen pochen sie auf einen Abschlag von 15 Prozent, um keine zu großen Anreize zu setzen. Die SPD findet das „halbherzig“.
Wird es nicht zu teuer?
Natürlich können die Kosten für die Pensionslasten steigen. Auf der anderen Seite kann der Bund Stellen abbauen. Beispiel Bundeswehr.
Wie sind die Erfahrungen in den Ländern?
In Baden-Württemberg können die Beamten seit 2011 nach einem ähnlichen Modell leichter in die Wirtschaft wechseln. Die Erfahrungen sind bescheiden. Im Schnitt machten jedes Jahr 40 Landesbeamte davon Gebrauch, sagte der Landeschef des Beamtenbundes, Volker Stich, dieser Zeitung. Es waren großteils Beamte aus dem wissenschaftlichen Raum, kaum einer aus der Verwaltung.