- An- und Ablegen von Dienstwaffe und Handschellen kostet jeden Uniformierten zweimal sechs Minuten pro Schicht
- Innenministerium NRW hatte die sogenannte Rüstzeit zur Arbeitszeit erklärt
- Keine zusätzliche Dienstzeit aufgeschlagen, zum Beispiel in Form von Urlaub
Münster.
Ohne Dienstwaffe und Handschellen ist ein Streifenpolizist nicht einsatzbereit. Doch einheitliche Regeln, ob und wie viel Arbeitszeit ein Polizist für das An- und Ablegen seiner Ausrüstung angerechnet bekommt, gibt es nicht. Das zumindest sehen Beamten mehrerer Dienststellen in Nordrhein-Westfalen so – und haben dagegen geklagt. Der schwelende Streit um die sogenannten Rüstzeiten der nordrhein-westfälischen Polizei geht am Donnerstag vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in eine neue Runde.
In einer Woche sammelt sich eine Stunde Umkleidezeit an
Laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW geht es nicht um eine Lappalie: Holster mit Pistole, Reservemagazin, Handschellen, Pfefferspray und Stock an- und abzulegen koste jeden Uniformierten zweimal sechs Minuten pro Schicht. Macht rund eine Stunde in der Woche. „Bei 16.000 Kollegen im Wach- und Wechseldienst läppert sich das ganz schön.“
Dabei schien der Streit bereits 2010 einmal höchstrichterlich entschieden: In einer Art salomonischem Richterspruch um Ankleidezeiten befand das OVG, dass es zwar vom Beamten zu erwarten sei, schon vor Dienstantritt seine Uniform anzuziehen. Die Ausrüstungsgegenstände anzulegen, sei jedoch die Arbeitszeit. Doch aus Gewerkschaftssicht ist die Realität bis heute eine andere.
In erster Instanz setzten sich die Beamten vor Gericht durch
Zwar hat der Dienstherr, das Innenministerium NRW, die sogenannte Rüstzeit zur Arbeitszeit erklärt, er hat aber keine zusätzliche Dienstzeit aufgeschlagen, zum Beispiel in Form von Urlaub oder längeren Schichten. „In der Praxis wird aber eine uneingeschränkte Einsatzfähigkeit vom Beamten erwartet, sobald er zum Dienst kommt“, sagt der Sprecher der GdP. Seinem Berufsethos folgend, komme der Polizist entweder früher, oder beim Schichtwechsel seien keine Polizeibeamten einsatzbereit. Die seien ja dann noch mit dem minutenlangen Prozedere des Rüstens beschäftigt.
Erneut zogen also Beamte mehrerer Dienststellen vor Gericht – und setzten sich in erster Instanz durch. Von der zweiten Instanz erhoffen sich nun die Polizeigewerkschafter auch Klarheit im Detail: Wie wird der Anspruch durchgesetzt? Und wie viel Arbeitszeit soll denn nun genau für das Auf- und Abrüsten veranschlagt werden?
Die meisten Polizisten kommen früher, um sich umzuziehen
In den erstinstanzlichen Urteilen ist die Spanne groß: Sie reicht von 6 bis 15 Minuten. Nach Angaben des Innenministeriums müssen die Beamten des Wachdienstes zum Schichtbeginn uniformiert erscheinen. In die Dienstzeit selbst falle das Anlegen der Koppel und die Überprüfung der Führungs- und Einsatzmittel. Das sei per Erlass geregelt, teilte das Ministerium mit.
Die meisten Polizisten kommen demnach, genau wie im Schichtdienst in der freien Wirtschaft, ein bisschen früher, um sich umzuziehen. „Viele legen beim Umkleiden auch direkt die Koppel mit den Ausrüstungsgegenständen an“, so das für die Polizei zuständige Ministerium. Dazu bestehe aber keine dienstrechtliche Verpflichtung.
Land NRW weicht nicht von seiner ursprünglichen Aussage ab
Das Land NRW bleibe bei der Rechtsauffassung, dass für das Anlegen der Koppel und die Überprüfung der Führungs- und Einsatzmittel keine weitere Zeit gutgeschrieben werden müsse. Maßgeblich sei vielmehr allein die Dienstzeit, wie sie aus den Schichtplänen ersichtlich ist. (dpa)