Der Vorschlag der NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann ruft unter Schulleitern unterschiedliche Reaktionen hervor. Was denken Rektoren von Schulen in Region, die einen Schwerpunkt auf Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik legen, über getrenntes Lernen?
Arnsberg/Drolshagen/Hattingen/Siegen.
Bei Schulleitern aus der Region stößt der Vorschlag von Ministerin Löhrmann auf ganz unterschiedliches Echo. Wohl auch deshalb, weil Schulen, die einen Schwerpunkt auf die sogenannten Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) legen, im Alltag sehr unterschiedliche Erfahrungen machen.
Rainer Bracht, Schulleiter der Herrnscheid-Hauptschule in Drolshagen, hält den Vorschlag der Ministerin für eine „gute Idee“. Mädchen hätten einfach eine andere Herangehensweise als Jungs, gerade in den Naturwissenschaften. „Die Schülerinnen haben einen kreativeren Zugang zu den Themen“, sagt Bracht. Und die Jungs würden diesen kreativen Ansatz oftmals „zu schnell wegdrücken“. An seiner Schule wird die Geschlechtertrennung bereits seit zwei Jahren projektartig praktiziert – und bisher habe man damit nur gute Erfahrungen gesammelt.
Schulen finden Idee vom geschlechtergetrennten Unterricht interessant, aber unbezahlbar
Aber dieses geschlechtergetrennte Arbeiten häufiger, vielleicht sogar regelmäßig anzubieten sei unmöglich, sagt Bracht. „Das geht einfach nicht ohne höheren Personaleinsatz.“
Rüdiger Käuser, Schulleiter des Fürst-Johann-Moritz-Gymnasiums in Siegen sieht das gleiche Problem: Woher solle man überhaupt die zusätzlichen Lehrer nehmen, die man für den getrennten Unterricht bräuchte? Physiklehrer zum Beispiel seien absolute Mangelware. „Wenn heutzutage eine Schule einen Physiklehrer sucht, liegt die Zahl der Bewerber oft bestenfalls im einstelligen Bereich“, sagt Käuser. Das sei überall in der Region so.
Im geschlechtergetrennten Unterricht gibt’s wohl weniger Machogehabe
Bedenken, wie sich die Trennung umsetzen ließe, hat auch Manfred Wussow, heute Schulleiter an der Realschule Grünstraße in Hattingen. In den vergangenen 20 Jahren habe er allerdings an anderen Schulen in Ennepepal, Hagen und Dortmund geschlechtergetrennten Unterricht in naturwissenschaftlichen Fächern erprobt: „Die Erfahrungen damit waren überall positiv, ich konnte mit der Themenwahl viel genauer auf die Interessen der Kinder eingehen.“ Auf dem Chemielehrplan stand dann beispielsweise für Mädchen „Duftstoffe“, für die Jungs eher das Thema „Kraftstoffe“ – „vielleicht ein etwas plattes Beispiel, aber damit konnte ich beide Seiten viel stärker für mein Fach begeistern.“
Auch am Franz Stock Gymnasium in Arnsberg, das einen Schwerpunkt auf Mint-Fächer legt, macht man zwar die leidvolle Erfahrung, dass sich mit den technisch-naturwissenschaftlichen Kursen Mädchen nur schwer locken lassen. Dennoch hält der stellvertretende Schulleiter Günter Kexel geschlechtergetrennten Unterricht für den falschen Weg: Mädchen und Jungen müssten frühzeitig einen vernünftigen Umgang miteinander lernen. „Auch wenn es Konflikte gibt, gilt der Grundsatz: Vielfalt zulassen. In geschlechtergetrenntem Unterricht gibt es vielleicht kein Machogehabe – aber dann können Mädchen auch nicht lernen, dem selbstbewusst entgegenzutreten.“