Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr werden die ehemaligen Soldaten mehr benötigt als zuvor. Sie müssen die Landeskommandos unterstützen und bei Naturkatastrophen helfen. In NRW gehen bald die ersten Regionalen Unterstützungs- und Sicherungskräfte an den Start.
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Es gab Zeiten, in denen Reservisten der Bundeswehr als eine Ansammlung von Militärromantikern verspottet wurden, die sich ein mal im Jahr zum „Saufen, Schießen, Schlauchbootfahren“ trafen. Jetzt braucht die Bundeswehr ihre ehemaligen Soldaten mehr denn je. In NRW sollen sie unter anderem bald Kasernen bewachen.
In den nächsten Jahren soll die Truppe von 205 000 auf 185 000 Soldaten schrumpfen. Zwar sollen auch 35 Standorte in Deutschland verschwinden, die Zahl der Aufgaben jedoch bleibt hoch. Allein 2012 waren laut Verteidigungsministerium rund 1400 Reservisten an Auslands-Einsätzen beteiligt, ein Großteil davon in Afghanistan, auch bei der kämpfenden Truppe.
Reservisten übernehmen Aufgaben von Soldaten
In Deutschland sollen die ehemaligen Soldaten ebenfalls stärker in die Verantwortung genommen werden – und zwar in „allen Aufgabengebieten“. Das sieht die „Konzeption der Reserve“ vor, die Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat erstellen lassen. Wie eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte, bedeutet dies für NRW unter anderem, dass spätestens im März 2013 die Regionalen Unterstützungs- und Sicherungskräfte (RSU) ihren Dienst aufnehmen sollen.
Drei Kompanien von jeweils mindestens 100 Soldaten übernehmen dann nach Angaben des Reservistenverbandes im Rheinland, Ruhrgebiet und Westfalen Aufgaben, die die Bundeswehr aus personellen Gründen nicht mehr leisten kann. Dazu gehört zum Beispiel die Sicherung von militärischen Anlagen beziehungsweise von Liegenschaften der Bundeswehr.
Die Fitness muss stimmen
Auf konkrete Standorte wollte das Ministerium nicht eingehen, der Einsatzort sei „lage- und auftragsabhängig“. In Frage kommen rund um das Ruhrgebiet beispielsweise die Glückauf Kaserne in Unna, das Materialdepot in Ochtrup bei Münster oder Deutschlands größtes Munitionsdepot am Nordrand des Ruhrgebiets in Wulfen.
Während seiner Amtszeit hatte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) die Heimatschutzbataillone der Bundeswehr noch aufgelöst. In jenen Tagen galten die Zusammenkünfte von Reservisten als Altherren-Runden. Immer weniger junge Männer waren bereit, sich ihnen anzuschließen. Auch weil im Lebenslauf der Zusatz Reservist zu sein, Arbeitgeber nicht mehr so beeindruckte wie noch vor 20 Jahren.
Heimatschutz sogar der Schwerpunkt der Tätigkeit der Reservesoldaten
Jetzt ist Heimatschutz sogar der Schwerpunkt der Tätigkeit der Reservesoldaten. Neben den Sicherungsaufgaben sollen sie bei Naturkatastrophen auf Anfrage die zivilen Hilfskräfte unterstützen. „Voraussetzung dafür ist neben der charakterlichen Eignung die körperliche Fitness eines aktiven Soldaten. Zudem ist für Mannschaftsdienstgrade eine Altersgrenze von 40 Jahren vorgesehen“, sagt Wolfgang Wehrend, Vorsitzender des Landesverbands der Reservisten in NRW.
Ein Blick auf die Altersstruktur des Bundesverbands, der die Belange der rund 1,2 Millionen Reservisten in Deutschland vertritt, zeigt jedoch, dass genau bei der Altersgrenze Probleme lauern könnten. Knapp 75 Prozent der 117 000 Mitglieder sind über 40 Jahre alt, der Großteil von 34,5 Prozent liegt zwischen 51 und 65 Jahren.
Mehr Eintritte als Austritte
Wolfgang Wehrend ist dennoch zuversichtlich auch über den Start der RSU-Kräfte in Nordrhein-Westfalen hinaus genug geeignete Bewerber zu finden. „Wir haben bundesweit erstmals seit acht Jahren wieder mehr Eintritte als Austritte verzeichnet. Zwei Drittel der Neumitglieder sind jünger als 40 Jahre.“ Er begründet das mit den neuen Förderungsmöglichkeiten im Rahmen von Lehrgängen bei der Bundeswehr, die auch im zivilen Leben Vorteile bringen könnten. Zudem gebe es im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr eben mehr Möglichkeiten, Verantwortung zu übernehmen.
Auf Dauer vielleicht motivierender als Kameradschaftsabende und Schlauchboottouren.