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Neue Forensik – Dortmunder haben sich an die Klinik gewöhnt

Neue Forensik – Dortmunder haben sich an die Klinik gewöhnt

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Foto: WR
In Haltern, Lünen und anderen Städten kochen die Emotionen hoch, weil das Land dort forensische Kliniken bauen lassen will. Dortmund-Aplerbeck hat diese Diskussionen schon lange hinter sich. Über die Forensik dort regen sich nicht mehr viele auf.

Dortmund. 

Am Anfang war: Angst. Und mit der Angst kam die Frage: Warum denn ausgerechnet hier? Vor fast zwölf Jahren eröffnete Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) den Aplerbeckern, dass in ihrem gutbürgerlichen Stadtteil eine Forensik gebaut werden soll. Psychisch kranke Straftäter in der Nachbarschaft. Diese Vorstellung konnten manche nicht ertragen. „Die Leute waren unruhig, die Sorge war groß“, erinnert sich Rudi Niemann (76) aus dem Nachbar-Stadtteil Neuasseln an den November 2000. Die Emotionen kochten damals ähnlich hoch wie jetzt in Haltern oder Lünen. Und wie sieht es in Aplerbeck heute aus? Konnten sich die Aplerbecker mit der Forensik arrangieren? Sechs Jahre nach der Einweihung der Wilfried-Rasch-Klinik ist diese Forensik, wie viele versichern, vor Ort eigentlich kein Thema mehr.

Kein Kompromiss bei der Sicherheit

Der mit Abstand wichtigste Grund dafür: In dieser Zeit ist nichts Schlimmes passiert. Kein Ausbruch, keine Gewalttat. Diverse Verspätungen von Patienten auf Freigang soll es gegeben haben, mehr nicht. Grund Nummer zwei ist eine Aplerbecker Besonderheit: Schon früh entstand ein „Planungsbeirat“, eine Runde aus örtlichen Experten und kritischen Bürgern, die in das Risikoprojekt Forensik eingebunden wurden. So etwas gab es bis dahin in Deutschland nicht. Die Stadt Dortmund verzichtete übrigens, im Gegensatz zu Herne, auf den Klageweg.

Einer der schärfsten ForensikKritiker in Aplerbeck war damals Henning Müller-Späth, der sich politisch in der Bürgerliste engagiert. „Skeptisch bin ich nach wie vor“, sagt er heute. Ein „erbitterter Gegner“ sei er nicht mehr. „Ich habe viel dazugelernt, erst im Planungsbeirat und danach im heutigen Forensik-Beirat. Wir wussten am Anfang ja wenig über das Thema“, sagt Müller-Späth. Als in der Planung einmal Abstriche bei der Sicherung der Schließanlage gemacht werden sollten, habe der Beirat erfolgreich Druck gemacht. Devise: Keine Kompromisse bei der Sicherheit!

Forensik ist nie normal

„Eine Forensik ist nie etwas Normales. Dennoch kann man sagen, dass sich Aplerbeck mit dieser Klinik arrangiert hat“, sagt Pfarrer Friedrich Stiller, Vorsitzender des heute 22-köpfigen Beirates, der sich mindestens viermal im Jahr trifft. Der Vorgänger dieser Runde, der Planungsbeirat, habe Wichtiges durchsetzen können: einen größeren Innenhof für die Patienten, zum Beispiel. Und dass die Aplerbecker Forensik keine „Filiale von Eickelborn“ wurde, sondern eine selbstständige Klinik.

ForensikVon Aplerbeck kann man lernen, findet Friedrich Stiller — und er denkt dabei an Haltern, Lünen, Wuppertal, Reichshof und Hörstel, wo die Diskussionen für und gegen eine Forensik gerade erst beginnen. „Wichtig ist, dass die Anwohner sehr schnell in Bürgerversammlungen die Chance bekommen, Fragen zu stellen und ihre Ängste zu äußern. Außerdem sollten zügig Planungsbeiräte gegründet werden. Drittens muss das Land in die Öffentlichkeitsarbeit investieren. Alles muss jederzeit transparent sein.“

Tischtennis mit Straftätern

Rudi Niemann aus Neuasseln, den einst die Sorge vor den neuen Nachbarn umtrieb, sieht die Lage heute sehr gelassen. „Egal, mit wem man hier in der Gegend spricht: Man hört nichts Negatives mehr über die Forensik. Niemann hat mit seinem Sportverein DJK TuS Körne sogar schon zweimal in der Aplerbecker Forensik Tischtennisturniere ausgerichtet. Mit den Patienten. „Wir haben dort nicht eine Sekunde lang Angst gehabt“, sagt der Senior. Und: „Es war gut, mit den Patienten sprechen zu können.“ Das nächste Turnier wird schon geplant.