Die Energie für das neue Wunderwerk der Technik kommt aus dem Akku in der Weste – über die Haut wird der Herzschlag gesteuert. Die RWTH Aachen hat das Gerät entwickelt und erprobt, schon in zwei Jahren könnte der erste Patient davon profitieren. Gefördert wird auch die Uni-Klinik Münster: Sie erprobt ein neues Notfall-Netzwerk. Das Geld kommt beide Male vom Land und aus Brüssel.
Düsseldorf.
Es ist so groß wie das Herz eines Erwachsenen, mit 800 Gramm etwa doppelt so schwer und könnte Leben retten: das weltweit kleinste voll implantierbare Kunstherz. Mit finanzieller Unterstützung des Landes und der EU wird es an der RWTH Aachen entwickelt. Anfang 2015 soll es erstmals einem Menschen eingesetzt werden.
„Nicht selten versterben Menschen auf der Warteliste“, umschreibt Ulrich Steinsiefer den notorischen Engpass bei Spenderherzen. Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, so der Medizin-Professor, seien mit 29 Prozent weltweit die häufigste Todesursache.
Bis 2030 werde der Anteil auf 33 Prozent steigen. Steinsiefer warnt vor einer „Lawine“. Gleichzeitig fehlen Spender. Während zurzeit bundesweit 900 bis 1000 Menschen auf Ersatz warten, werden pro Jahr nur rund 300 Herzen transplantiert.
Das neuartige Kunstherz, das das Institut für angewandte Medizintechnik in umfangreichen Tierversuchen testet, soll die Wartezeit überbrücken, bis ein Spenderorgan zur Verfügung steht. Die garantierte Lebensdauer des Kunststoffprodukts wird laut Steinsiefer fünf Jahre betragen.
Fünf Jahre Lebenszeit – bis es ein echtes Spenderherz gibt
Schon heute setzen Ärzte weltweit jedes Jahr rund 100 Patienten ein Kunstherz ein. Der Antrieb erfolge dabei aber über einen Schlauch und eine Pumpe außerhalb des Körpers, was kein geringes Infektionsrisiko bedeute. Beim Aachener Plastikherzen dagegen werde die Energie mit Hilfe eines verschleißarmen Akku-Systems, das in einer Weste getragen wird, kabellos über die Haut eingespeist.
Mit geschätzten 50 000 Euro soll es weit weniger kosten als herkömmliche US-Modelle. Steinsiefer präsentierte ein Exemplar im Beisein von Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Mit 4,3 Millionen Euro fördern Düsseldorf und Brüssel das Projekt, das die Grüne als Musterbeispiel für medizinisch-technische Innovationskraft in NRW rühmte.
Die rasante Zunahme des Anteils älterer Menschen erfordere eine hochwertige medizinische Versorgung, so Steffens. Sie nannte Zahlen: 2010 waren 34 Prozent der Männer und Frauen in NRW 65 Jahre und älter; 2050 werden es 58 Prozent sein. Zugleich wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen auf eine Million verdoppeln, während der Anteil der Berufstätigen ständig sinkt.
Telematik-Projekt für eine bessere Koordination im Notfall
Wie Schwerverletzte am schnellsten in die „richtige“ Klinik transportiert werden, erprobt das Uni-Klinikum Münster in einem Telematik-Projekt. Wenn jede Sekunde zählt, um Menschenleben zu retten, werden Notärzte, Feuerwehr-Leitstellen und Krankenhäuser über eine Handy-App zusammengeschaltet.
Auch über den aktuellen Standort des Rettungshubschraubers werden die Ärzte informiert. Röntgenbilder und Patientendaten werden ohne Umwege über ein Netzwerk ausgetauscht, um Doppel-Untersuchungen zu vermeiden. Dafür stellt das Land eine weitere Million Euro bereit.