Im Innenausschuss des NRW-Landtags sind Informationen zum Berlin-Attentäter bekannt geworden. Mehrere Behörden wollten ihn stoppen.
Düsseldorf.
Anis Amri war den deutschen Sicherheitsbehörden lange vor dem Attentat auf einen Berliner Weihnachtsmarkt bekannt. Unter mindestens 14 Identitäten wurde der Attentäter wohl geführt.
Die Informationen über Amris Identitäten ergeben sich aus einem Bericht des nordrhein-westfälischen Landeskriminaldirektors Dieter Schürmann vor dem Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags.
Gleich mehrere Behörden wussten Bescheid
Wie Schürmann erklärte, hätten mehrere Behörden versucht, Amri die Vorbereitungen eines terroristischen Anschlages nachzuweisen. Am Ende sei es allen Behörden von Bund und Ländern auch gemeinsam nicht gelungen, ausreichend konkrete Hinweise zusammenzutragen, die von der Justiz als Tatverdacht hätten gewertet werden können. Dabei hätten die Ermittler „alle rechtlichen Befugnisse bis an die Grenze ausgeschöpft, um mögliche Gefahren abzuwehren“.
Die Polizei habe wiederholt versucht, Verfahren gegen Amri in die Wege zu leiten, sagte Schürmann weiter. Dies sei etwa im April 2016 der Fall gewesen, als festgestellt worden sei, dass Amri in verschiedenen Kommunen staatliche Leistungen kassiert habe. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Duisburg habe dies aber nach Angaben des NRW-Innenministers abgelehnt. Auch sei Amri mit falschen Dokumenten und Betäubungsmitteln aufgegriffen worden. Der Tunesier sei zudem bei sieben Sitzungen des Terrorismusabwehrzentrums von Bund und Ländern Thema gewesen.
Ermittlungen auch in Berlin
Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert und zwölf Menschen getötet. Der Tunesier war bei der Ausländerbehörde im Kreis Kleve gemeldet und von mehreren Sicherheitsbehörden als sogenannter „islamistischer Gefährder“ eingestuft worden. Allerdings hielt er sich laut Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) seit Februar 2016 überwiegend in Berlin auf.
In Berlin sei versucht worden, ein Verfahren unter dem Verdacht von Plänen für einen Überfall einzuleiten. Amri sei dabei auch Ziel „verdeckter Maßnahmen“ gewesen, seine Telekommunikation sei zudem über sechs Monate abgehört worden.
Innenminister Ralf Jäger erklärt sich
Ralf Jäger steht in der Kritik, weil die Behörden des Landes NRW Amri nicht haben stoppen oder gar abschieben können. Laut Jäger hätten nicht nur nordrhein-westfälische Ermittler Informationen über Amri gehabt. „Der Anschlag wurde verübt von einem Mann, über den die Sicherheitsbehörden bundesweit sehr viel wussten,“ sagte Jäger am Donnerstag im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags.
Mit ihrem Vorgehen hätten die Sicherheitsbehörden im Fall Amri die „Grenzen des Rechtsstaats“ erreicht, sagte der SPD-Politiker. „Das Wissen, dass Anis Amri wirklich zur Tat schreiten würde, das hatten die Behörden seinerzeit eben nicht“, sagte Jäger. Deshalb dürfe nicht zur Tagesordnung übergegangen werden, mögliche Schwachstellen müssten beseitigt werden.(dpa/rtr)