Während der Schwimm-WM 2011 erlebte Britta Steffen ein Debakel, schwamm der Konkurrenz nur hinterher. Bei den Deutschen Meisterschaften meldet sie sich nun in alter Stärke zurück.
Berlin.
Es ist wieder eine andere Britta Steffen. Nicht die mit dem Tunnelblick.
Nicht die, die mit vorsichtig formulierten Antworten zusätzlichen Druck von
außen vermeiden will. Und nicht die, die am liebsten mit hochgezogener Kapuze
durch die Schwimmhalle geht. „Man sieht es ja an meiner Laune. Ich bin gelöst,
bin jetzt die Viertschnellste in der Welt, falls ihr es noch nicht gemerkt
habt“, sagt Britta Steffen und lächelt.
Weitgehend unbemerkt war die
Doppel-Olympiasiegerin am Donnerstagabend ihre beste Zeit seit ihrem Weltrekord über 100 Meter Freistil im Jahr 2009 geschwommen. Die 28-Jährige schlug als
Startschwimmerin in der 4×100-Meter-Staffel ihres Vereins SG Neukölln nach 53,65
Sekunden an. Der Erleichterung wich die Anspannung der vergangenen
Tage.
Schwimmen ohne große Aufmerksamkeit
„Wir haben überlegt, was wir für eine Vorbelastung machen können,
weil ich ja erst am Samstag dran bin. Wir wollten noch mal taktisches Geschehen
üben“, erklärt Steffen, die ihren ersten Staffelstart bei einer Deutschen
Meisterschaft im Vorfeld unerwähnt ließ. „Ach, das war uns ganz lieb so ohne
große Aufmerksamkeit“, sagt Trainer Norbert Warnatzsch. Selbst Freund Paul
Biedermann war anders als sonst nicht zum Rennen am Beckenrand. „Jetzt weiß sie,
was sie wirklich drauf hat. Das gibt ihr doch ein sicheres Gefühl“, erklärt
Warnatzsch.
Die Werte, die ihr Heimtrainer immer so akribisch sammelt und
analysiert, waren gut. Doch abgerechnet wird im Wasser, das wissen beide. Und
Britta Steffen ist vorsichtig geworden. Wenn sie auf die Ziele bei Olympia in
London angesprochen wird, wiegelt sie ab: „Ich muss mich ja erst noch
qualifizieren.“
WM-Desaster endgültig abgehakt
Darauf ist
die Frontfrau des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) programmiert. Wer aber ihren
Ehrgeiz kennt, für den liegt nahe, dass sie schon jetzt mit einer Topzeit einen
Gruß an die internationale Konkurrenz schicken will. Bei der EM-Qualifikation im
März in Magdeburg hatte sie angekündigt: „Wenn ich in Berlin nicht unter 54
Sekunden schwimme, brauche ich bei Olympia gar nicht erst antreten.“
Mit
ihrer Zeit aus der Staffel – fast eine Sekunde unter der Norm – geht Steffen nun
beruhigter ins Einzelfinale am Samstag. „Ich bin zufrieden mit dem Auftakt und
wenn ich die Leistung bestätigen kann, geht das in Ordnung“, sagte Steffen.
Dabei war der Startsprung sogar noch verkorkst. Auch Warnatzsch nickte
zufrieden: „Jetzt ist die WM endgültig abgehakt“.
Altes Krafttraining bringt neue Erfolge
Nach ihren beiden
Weltmeistertiteln 2009 in Rom hatte sie fast zwei Jahre mit Verletzungen und
Krankheiten gekämpft, dann ihr internationales Comeback bei der WM in Shanghai
als Desaster erlebt. Völlig deprimiert reiste sie vorzeitig ab. Was falsch lief,
wurde längst analysiert. Nun hat Steffen wieder auf das alte Krafttraining ohne
Maschinen umgestellt – mit Erfolg.
Steffen schlenderte am Freitag
entspannt im Freizeitlook durch die Schwimmhalle an der Landsberger Allee.
„Heute gucke ich mir meinen Paul ganz in Ruhe an, und morgen kann es
weitergehen, da bin ich dann wieder ganz bei mir.“ Dann geht es wieder zurück in
den Tunnel. (dapd)