Natururlaub in Slowenien – Idylle mit blutiger Vergangenheit
Die Natur in Slowenien ist wunderschön. Doch nicht immer war es in den Wäldern so idyllisch. Im Ersten Weltkrieg tobten hier blutige Schlachten.
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Ein Natur-Idyll wie aus einem Bilderbuch: üppig blühende Wälder, der smaragdgrüne Wildfluss Soca, respekteinflößende Schluchten und Klammen, tiefblaue Gumpen, Wasserfälle und schroffe Klippen – das Soca-Tal gehört zu den bezauberndsten Landschaften Sloweniens. Majestätisch, voller Anmut, Unschuld und Frieden.
Als Ernest Hemingway in diese Gegend kam, konnte von Frieden keine Rede sein. Das grausame Gegenteil war der Fall: Denn der Erste Weltkrieg wütete, und das Soca-Tal war Teil der berüchtigten Soca-Front (auch bekannt als Isonzo-Front, nach dem italienischen Namen des Flusses).
Zwischen 1915 und 1917 war das Tal Schauplatz blutiger Schlachten zwischen dem italienischen und dem österreich-ungarischen Heer. Am 23. Mai 1915 hatte Italien Österreich-Ungarn den Krieg erklärt. Als der spätere Literatur-Nobelpreisträger mit 18 Jahren als Kriegsberichterstatter an die Soca-Front kam, war die Region entlang der 90 Kilometer langen Frontlinie bis auf ihre Wurzeln zerstört und übersät mit den tiefen Wunden aus zwölf Schlachten, bei denen weit über eine Million Soldaten ihr Leben lassen mussten. Seine Erlebnisse ließ Hemingway in seinem historischen Roman „In einem anderen Land“ einfließen. 300.000 Talbewohner wurden nach Österreich-Ungarn evakuiert, um den Feuergefechten zu entgehen, oder wurden aus ihren Häusern gejagt, weil die Soldaten Unterkünfte brauchten.
Ein Erdbeben erschüttert Kobarid
Besonders eindrucksvoll lässt sich dieses Stück Weltkriegs-Geschichte auf dem „Weg des Friedens“ nachvollziehen, der 2007 eingerichtet wurde. Er beginnt im Ort Log pod Mangartom beim Eingang in den Bergwerkstollen (Štoln) und endet am Freilichtmuseum Mengore bei Most na Soci. Auf 230 Kilometern sind die wichtigsten Überreste und Gedenktafeln im oberen Soca-Tal vereint – ein leises Gedenken an die zahlreichen Opfer des Ersten Weltkriegs, eingebunden in die Schönheiten der Natur.
Es geht vorbei an Beobachtungsposten, Laufgräben, Kanonenstellungen und unheimlichen Kavernen. Es gibt nicht einen Friedhof; aber unter Gras und Moos stößt man auf vereinzelte Grabsteine, meist schlichte, namenlose Felsbrocken mit einem Kreuz darauf. Im April 1998 erschütterte ein starkes Erdbeben die Gemeinde Kobarid und ließ viele zerstörte Häuser zurück. Darunter auch das heutige Informationszentrum der Stiftung „Wege des Friedens im Socatal“, das nach dem Beben vom slowenischen Kulturministerium erworben und restauriert wurde. Der Weg zwischen Alpen und Adria ist in fünf unterschiedlich lange und unterschiedlich anspruchsvolle Etappen aufgeteilt. Die Strecke ist für Wanderer und Radfahrer gleichermaßen geeignet.
Das Soca-Tal kann von der Quelle – einer der schönsten im Alpenraum – bis zur Mündung in die Adria eine Reihe bedeutender Naturdenkmäler aufweisen. Die Mlinarica ist eine respekteinflößende, bis zu 80 Meter tiefe Klamm, gefolgt von Schluchten, die die Soca ausgemeißelt hat. Der Boka-Wasserfall bei Bovec ist mit einer Höhe von insgesamt 144 Metern und einer Breite von 18 Metern der höchste Wasserfall Sloweniens. Dramatisch geht es weiter mit der Tolminka-Schlucht, 200 Meter lang und nur fünf bis zehn Meter breit. Über der Tolminka spannt sich die 60 Meter lange Teufelsbrücke (Hudicev most), unter der sich der Eingang zur Dante-Grotte befindet.
Gelassenheit beim Fliegenfischen
Die temperamentvolle Soca mit ihren nicht minder wilden Nebenflüssen lockt aber nicht nur Besucher auf den Spuren der Geschichte an, sondern auch Adrenalinsportler auf der Suche nach dem besonderen Kick. Sportkletterer stehen vor anspruchsvollen Aufgaben. Auch Kajak- und Kanufahrern sowie Hydrospeedern wird viel Mut und Geschick abverlangt. Beim Rafting geht es in Begleitung eines Guides über die Stromschnellen.
Auch wer sich beim Canyoning über Felsklippen wagt und zu kühnen Sprüngen in die Gumpen ansetzt, sollte seinen inneren Schweinehund zuhause lassen. Etwas gelassener kann man es beim Fliegenfischen angehen. Die Soca ist ein Dorado für Petrijünger, sobald im April die Schonzeit für die begehrte Soca-Forelle vorüber ist.
Angesichts der idyllischen, heiteren Atmosphäre des Soca-Tals, die jeden Besucher in ihren Bann zieht, ist das schreckliche Kriegsszenario von vor 100 Jahren nur schwer vorstellbar. Dennoch möchte Slowenien dieses traurige Kapitel seiner Geschichte nicht unter den Teppich kehren, sondern anlässlich des Jahrestages der kriegerischen Auseinandersetzungen an die Geschehnisse erinnern.