Als die Brüder Frederik und Gerrit Braun die Idee hatten eine Miniaturlandschaft zu bauen, hielt ihr Bankberater das Vorhaben für einen Scherz. Nun feiert das Miniatur Wunderland seinen 10. Geburtstag und ist als Attraktion nicht mehr weg zu denken.
Hamburg.
Gaston Burkhardt schraubt in einer Tischlerwerkstatt fünf Zentimeter kleine Straßenlaternen auf ein Modell der Hamburger Köhlbrandbrücke. Burkhardt ist Modellbauer im Hamburger „Miniatur Wunderland“. „Am 15. Dezember 2000 habe ich hier angefangen zu bauen und seit dem nicht mehr aufgehört“, sagt der 56-Jährige. In der kommenden Woche (16. August) wird das „Miniatur Wunderland“, die nach Angaben der Inhaber größte Modelleisenbahn der Welt, zehn Jahre alt.
Mit Daumen und Zeigefinger fädelt Burkhardt die dünnen Drähte der Brückenbeleuchtung durch kleine Löcher auf der Fahrbahn des Modells. „Meine Frau hat damals in der Zeitung gelesen, dass bei einem Casting in einer Hamburger Diskothek handwerklich begabte Leute gesucht würden, die eine Modelleisenbahn bauen sollten“, sagt der gelernte Schreiner. „Ich kam gerade aus Sri Lanka und hatte keinen Job“, erinnert er sich. Wenige Tage später saß Burkhardt auf dem Boden einer Tanzfläche, baute zwei Abende lang Modelllandschaften und wurde Modellbauer.
Das Casting organisierten die heutigen Inhaber des „Miniatur Wunderlandes“, die Zwillingsbrüder Frederik und Gerrit Braun. Mit dem Wettbewerb in ihrer damaligen Hamburger Diskothek begannen die Brüder, ihre Idee von der „weltgrößten Modelleisenbahn“ in die Tat umzusetzen. „Ich hatte damals keine Lust mehr auf das Nachtleben und suchte etwas Neues“, sagt Frederik Braun.
„Ich brauche zwei Millionen Mark für meine Modelleisenbahn“
„Am Anfang haben mich alle für verrückt gehalten“, sagt er. Im Sommer 2000 rief der heute 43-Jährige seinen Bankberater an und sagte ihm: „Ich brauche zwei Millionen Mark für meine Modelleisenbahn“, blickt Braun zurück. Der Mann am anderen Ende der Leitung habe mit schallendem Gelächter reagiert. „Er dachte, ich wollte in meinem Keller eine Modelleisenbahn für zwei Millionen Mark bauen“, sagt Braun.
Während eines einstündigen Gesprächs konnten die Zwillingsbrüder den Berater von ihrer Idee überzeugen. Zwei Monate später kam das Geld, vier Monate später mieteten die Brüder die ersten 300 Quadratmeter am Hamburger Hafen.
Mehr als acht Millionen Besucher
Auf einer bebauten Fläche von rund 1.300 Quadratmetern wurden mehr als 13 Kilometer Bahngleise verlegt. In insgesamt 580.000 Arbeitsstunden errichteten die Mitarbeiter acht Regionen, darunter Amerika, Skandinavien, die Schweiz, Österreich und Hamburg. Anfang Mai eröffneten die Brüder den rund 3,5 Millionen Euro teuren Flughafen der Anlage.
Derzeit arbeiten 210 Menschen in der Miniaturwelt. Die Anlage ist heute fester Bestandteil im Tourismus der Hansestadt. „Das Miniatur Wunderland gehört mittlerweile zu den bedeutendsten Touristenattraktionen in Hamburg und ist zu einem unverwechselbaren Botschafter der Stadt geworden“, sagt der Geschäftsführer der Hamburg Tourismus, Dietrich von Albedyll. Was die weltoffene Metropole Hamburg im Großen sei, stelle das „Miniatur Wunderland“ im Kleinen dar, sagt Albedyll.
Modellbauer Burkhardt schraubt weiter an der kleinen Welt. Das Modell der Hamburger Köhlbrandbrücke soll heute noch zu seinem Kollegen, der sich dann darum kümmert, dass die 44 kleinen Laternen am Fahrbahnrand wieder leuchten. „Die Arbeit wird mir hier ganz sicher nicht ausgehen“, sagt Burkhardt und wendet sich wieder der Brücke zu. (dapd)