Von der Meyerwerft über das Volkswagen-Werk in Emden bis hin zu Blödelbarde Otto Waalkes: Das „Leeraner Miniaturland“ zeigt Ostfriesland in allen Details. Und zwar als Modellbauwelt auf 520 Quadratmetern.
Leer.
Komiker Otto Waalkes steht in typischer Blödel-Pose mit angewinkelten Armen und Händen vor dem gelb-roten Pilsumer Leuchtturm in seiner ostfriesischen Heimat. 20 Touristen schauen dem Auftritt zu und halten „We love Otto“-Transparente in die Luft. Blitzlichtgewitter ertönt. Eine Frau reißt sogar ihr T-Shirt nach oben. Diese Szene könnte sich durchaus in der Realität abspielen, entstammt aber der Fantasie. Sie ist eines von zahlreichen Details im neuen „Leeraner Miniaturland“. In der Realität ist Ostfriesland 3100 Quadratkilometer groß, in der Modellbauwelt immerhin 520 Quadratmeter.
Am Samstag wird der Mikrokosmos im Maßstab 1:87 in der ostfriesischen Stadt Leer eröffnet. Hinter dem Konzept steckt der örtliche Softwareunternehmer Wolfgang Teske. Zwei Millionen Euro und zwei Jahre Vorbereitung hat er nach eigenen Angaben in das Projekt investiert. Teske läuft in diesen Tagen häufig durch die Ausstellungshalle, die einem Lokschuppen nachempfunden ist, und gibt letzte Anweisungen. „Die Lokomotive hat kein Licht“, sagt er zu einem Mitarbeiter. „Der ICE ruckelt an der Steigung. Das muss geändert werden“, darf sich ein weiterer Angestellter anhören.
Alle großen Gebäude sind Unikate
Der 59-jährige Teske ist kein Modellbau-Romantiker. Und er ist keiner, der sich mit dem Miniaturland einen lange gehegten Kindheitswunsch erfüllt. „Natürlich hatte ich als Junge eine Modelleisenbahn, aber hinter diesem Projekt steht ein wirtschaftliches Konzept“, sagt der gebürtige Rheinländer, der mit einer Ostfriesin verheiratet ist. „Es ist ein Tourismus-Highlight, das finanziellen Erfolg bringen soll“, fügt er unumwunden hinzu. Also plante er die Idee generalstabsmäßig. Vor zwei Jahren erwarb Teske das Grundstück, baute die Halle und stellte 14 neue Mitarbeiter ein. Darunter befanden sich neben Tischlern und Elektrikern auch Modellbauer und eine Innenarchitektin.
Zudem pachtete er einen Modellbaubetrieb im nahen Aurich. Seitdem wird gearbeitet, was Klebstoff, Pinzetten, Scheren und computergesteuerte CNC-Fräsen hergeben. „Außer Schlafen und Essen gibt es im Moment nur die Arbeit“, sagt Modellbauer Arnd Köllmann, während seine Hände eine alte Posthalterei erschaffen. Anlass zum Klagen sei das aber nicht, schließlich habe er das Hobby zum Beruf gemacht, erzählt der 29-Jährige.
Volkswagen-Werk auf drei Quadratmetern
Alle großen Gebäude auf dem Areal sind handgefertigte Unikate. Dazu zählen die riesigen Hallen der Papenburger Meyerwerft, das zum Hotel umgebaute alte Kurhaus auf Juist oder das Motodrom in Halbemond bei Norden, in dem einst die Speedway-Weltelite vor 50.000 Zuschauern ihre Runden drehte.
Einige von ihnen fahren und applaudieren immer noch „en miniature“. Zum fahrenden Equipment gehören auch 25 Züge, zwei Fähren in echtem Wasser sowie mehrere hundert Autos, Busse und Motorräder. Herausgekommen ist die drittgrößte Miniaturwelt Deutschlands. Im Unterschied zur Konkurrenz ist im „Leeraner Miniaturland“ aber nicht die halbe Welt in Abschnitten abgebildet, sondern eine einzelne Region verkleinert dargestellt worden. Die Besucher können die Reise von Papenburg entlang der Ems Richtung Norddeich per Zug oder vom schiefsten Kirchturm der Welt in Suurhusen über den Kutterhafen in Greetsiel zu den Störtebeker-Festspielen in Marienhafe per Auto direkt im Anschluss in der Realität wiederholen.
Ein weiterer Höhepunkt ist der allein drei Quadratmeter große Nachbau des Volkswagen-Werkes in Emden. In der Produktionsstraße setzen Roboterarme Teile des neuen Passat-Modells zusammen, untermalt von blauen Blitzen, die beim Schweißen entstehen. „Das blitzt nicht lange genug“, moniert der detailverliebte Wolfgang Teske und ruft den Mechatroniker Hans Peter Halfwassen zu sich. Der 28-Jährige ist zuständig für alles, was mit Technik zu tun hat. Auch er sagt, Modellbau sei nicht sein Hobby. Aber stolz mache ihn das in Leer Geschaffene schon. (dapd)