Dubai? Kennen wir längst! Abu Dhabi? Nix Neues. Oman? Sind wir auch schon gewesen. Die gängigen Ziele am Persischen Golf haben interessierte Reisende abgehakt – nun rückt das Scheichtum Katar in den Fokus. Es ist halb so groß wie Hessen, hat nur eine Million Einwohner, aber jede Menge Erdgas und ist dadurch auf Jahrzehnte hinaus mit Dollarmillionen gesegnet. Das Ausrichterland der Fußball-Weltmeisterschaft in zehn Jahren gibt buchstäblich Gas, um mehr Touristen in die Wüste zu locken.
Jassan steckt fest. Nichts geht mehr, mit jeder Umdrehung graben sich die Räder seines VW Touareg tiefer in den Sand. Ausgerechnet Jassan hängt fest. Eigentlich sollte uns der schwarzhaarige Katari durch die Wüste führen – die beste Strecke durch die Sanddünen südlich von Mesaleed zeigen, mit uns über die weiten Hänge surfen, mit spektakulären Pirouetten den Sand hochspritzen lassen.
Links und rechts Sandburgen – und Stille
Und nun das. Jassan hat überdreht, seine Pirouetten waren so heftig, dass der Reifen von der Felge gerutscht ist. Wir müssen ihn zurücklassen, driften allein weiter. Hinein in ein weites Tal, links und rechts steigen die Sandberge hoch. Wenn wir anhalten, dann ist nur eines um uns herum: Stille, absolute Stille. Wunderbar, so etwas gibt’s im lärmverseuchten Mitteleuropa nicht. Allein deswegen hat sich die Reise nach Katar schon gelohnt.
Man kann es wirklich aushalten, im Land des Emirs Bin Thani, der sein Scheichtum mit fester Hand regiert und behutsam aufbaut. Natürlich stehen an der Westbay von Doha Dutzende von Hochhäusern, aber die sind erstens konzentriert auf ein Areal und zweitens nicht so verrückt gestaltet wie bei den Vettern in Dubai. Katar setzt auf kontinuierliche Entwicklung. Nach den Business-Leuten hat man nun die Touristen im Blick, die sollen nach und nach die Strände am Golf entdecken, sich in der Wüste vergnügen, die islamischen Kunstschätze schätzen lernen und ein Stück authentisches Arabien erleben.
Der erste Schritt dazu war die Restaurierung des berühmten Souk al Waqif. Ein wunderschönes Stück Altstadt, echt, voller fremder Gerüche und Geräusche. Im Souk kann man Vögel kaufen, seinen Falken in die deutsch-katarische Tierklinik bringen, mit den freundlich-zurückhaltenden Händlern feilschen oder einfach stundenlang im Café sitzen. Da sitzen auch schon die Einheimischen in ihren exotisch wirkenden, blütenweißen und frisch gebügelten Dishdashas – Bilder wie aus 1001 Nacht speichern wir da in die Digitalkamera. Die Luft in den Cafés, auf den Terrassen der Restaurants ist geschwängert vom Duft der Shishas, der Wasserpfeifen. Viele Frauen nuckeln mit – ein typischer Zeitvertreib. Es wird geschaut und getratscht, Frauen sind hier gleichberechtigt, der Gast fühlt sich aufgefangen. Und hat immer ein Gefühl der Geborgenheit. Katar gilt als sicheres Reiseland, die Kriminalitätsrate tendiert gegen Null.
Hoher Standard – hohe Preise
Manchmal gibt’s zwar zu wenig öffentliche Damentoiletten, aber auch daran arbeiten sie im Land der Fußball-WM 2022. Und den Verkehr will man bis dahin ebenfalls in den Griff bekommen. Trotz oft sechsspuriger Straßen stauen sich die riesigen Fourwheel-Limousinen zu nervtötenden und zeitraubenden Riesenschlangen, ganz zu schweigen vom Fahrstil der Straßen-Hasardeure: Mit Handy, Sonnenbrille und Schleier sorgen auch viele Fahrerinnen für mehr als erhöhten Blutdruck beim Mietwagenfahrer aus Deutschland.
Die Hotels in Katar haben meist vier oder fünf Sterne, das garantiert hohen Standard, aber auch hohe Preise. Das Ambiente dieser Häuser ist eher für Geschäftsleute als für Urlauber passend. Hotels wie das Sheraton oder das Hyatt direkt am Meer sind die Ausnahme – dort kann man es als Urlauber ein paar Tage länger aushalten als in den Häuserschluchten des Business-Viertels der Westbay. Doch schon sind neue Herbergen geplant, für Familien und Badegäste.
Kulturviertel direkt am Meer
Katar setzt auch auf seine Traditionen und sein kulturelles Erbe. Das Islamische Museum am Hafen von Doha gilt als Topziel für alle, die die Kultur von den Beduinen bis heute schätzen und kennen lernen möchten. Im neu erbauten Kulturviertel nördlich der Hauptstadt präsentiert sich der Wüstenstaat als modernes Land mit alten Wurzeln: Prächtige Moscheen, ein hypermoderner Konzertsaal, angesagte Bars und Restaurants direkt am Meer – das hat was. In der hippen „Ottoman Lounge“ liegen die Gäste wie einst der Sultan auf prächtigen Sofas, die Shisha blubbert, traditionell gewandete Kellner servieren exotische Speisen, der Blick schweift übers Meer hinüber zur Skyline der Westbay. Eindrücke, die man gern mit nach Europa nimmt.