Als kurviges Vollweib ist sie bekannt – jetzt aber trägt Schauspielerin Christine Neubauer Kleidergröße 36 und verordnet sich eine „notwendige, reinigende Auszeit“ vom Fernsehen. Bevor sie sich von der Bildfläche verabschiedet, ist sie aber noch mal zu sehen: am 17. November im Ersten.
Berlin.
Ist sie das wirklich? Drahtige Figur, große dunkle Augen im schmalen Gesicht: Christine Neubauer, das Vollweib des deutschen Fernsehfilms, hat im letzten Jahr nicht nur ihre barocken Kurven verloren, sondern beinahe auch sich selbst. Beim Treffen in Berlin spricht die 49-Jährige von ihrer Angst vor dem Burnout, über Pfunde und Falten und warum sie jetzt eine Auszeit nimmt.
„Kann ich wenigstens mal die ersten Bilder sehen?“ Christine Neubauer hat im letzten Herbst den Fernsehfilm „Das Mädchen, das aus dem Regenwald kam“ ( Donnerstag, 17. November, 20.15 Uhr, ARD) gedreht. Eine der üblichen Neubauer-Rollen, mit viel Landschaft, Liebe, Lebenshilfe. Sie sieht da noch aus wie früher. Eine schöne, starke, körperliche Frau. Zwölf Monate später ist sie kaum wiederzuerkennen.
Sie hat die Alarmglocken gehört
Der Film ist nichts Weltbewegendes, aber sie zeigen ihn an diesem Mittag extra für die Journalisten im Saal des Berliner Kinos „Filmkunst 66“. Neubauer will sich kurz dazu setzen. Nichts da. Die Agentinnen pochen auf den Zeitplan. Die Hauptdarstellerin soll Interviews geben. Den ganze Tag schon. „Ich werde doch mal wenigstens die ersten Minuten…!“ Sie ist gereizt. Aber sie steht auf, macht weiter.
Drei Gabeln Mittagessen, und wieder liegt ein Aufnahmegerät vor ihr. „Ich verabschiede mich als Schauspielerin – nicht für immer, aber für sehr lange“, sagt sie, und es klingt wie ein Drehbuchsatz, wie eine ihrer gefühlvollen TV-Rollen. Das Wort „Krise“ nimmt sie nicht in den Mund. Doch sie hat die Alarmglocken gehört.
Für mehrere Monate geht Neubauer auf Reisen, keine neuen Fernsehfilme, keine Pressetermine. „Es ist eine notwendige, reinigende Auszeit.“ Vom kommenden Frühjahr an will sie wieder arbeiten. Die hohe Schlagzahl, mit der Neubauer in den letzten Jahren gedreht hat, war zu viel. Zum Schluss war die Bayerin beinahe öfter zu sehen als die Kanzlerin. „Ich will Abstand bekommen. Der Blick auf die eigenen Bedürfnisse geht verloren.“ Sie hat über Burnout nachgedacht und will rechtzeitig Stopp sagen, „bevor es den großen Crash gibt“.
Neues Körpergefühl in Größe 36
Christine Neubauer hat sich im Januar von ihrem Mann getrennt, eine neue Liebe gefunden und ein neues Körpergefühl. Kleidergröße 36. Sie hat ihren Job als üppig schöne TV-Ikone aufgegeben und ist ins Lager der Magerfraktion gewechselt. Eine Folge der Überanstrengung? Nein, Neubauer will ihren radikalen Typwechsel lieber als künstlerischen Akt deuten: „Ich wollte sehen, was mit meinem Körper möglich ist.“ Wie sie das geschafft hat? Boxtraining, Power-Yoga und gesundes Essen. „Wobei der Teller Spaghetti – für den ich sterbe – nicht gefehlt hat.“
Das Vollweib als Leichtgewicht – daran müssen sich die Zuschauer erst gewöhnen. Es ist ein Risiko. Neubauers „Publikums-Gen“, wie die Produzentin Regina Ziegler sagt, hatte immer auch damit zu tun, dass sie „nicht das anorektische Model“ war. Noch im Frühjahr schwärmte Ziegler, dass man Neubauer „mit den Augen anfassen“ könne. „Die Leute mögen sie, weil sie ein bisschen ist wie sie und zugleich ein bisschen anders.“
„Optisch finde ich mich besser denn je“
Den Titel „Vollweib“ will Neubauer trotz allem verteidigen. „Ich habe Vollweib immer gesehen als Einstellung, sich ganz weiblich zu sehen. Und nicht als Freibrief, dick zu werden.“ Und bitte keine falsche Sorge: „Optisch finde ich mich besser denn je.“ Sie habe auch „kein Problem mit irgendwelchen Falten. Ich habe keine Angst vor dem Alter“. Es klingt schon wieder wie ein Rollentext. Immerhin: Nächstes Jahr wird sie 50. „Auch wenn man eine Rechenschwäche hat wie ich, weiß man ja: Ich habe die Hälfte meiner Zeit gut überschritten. Und ich denke nicht, dass ich Jopi Heesters folgen möchte.“