Dirndl aus Afrika und Indien sind Top-Trend auf Oktoberfest
Die Münchenerin Marie Darouiche hat aus reinem Spaß bayerisch-afrikanische Dirndl entworfen. Ihr Kollege Anton Jell kreiert einen Mix aus indisch-bayerischen Farben und stoffen. Die Mischungen kommen bei immer mehr Kundinnen gut an und könnten zu einem neuen bunten Trend auf dem Oktoberfest werden.
München.
Rahmée Wetterich muss nicht lange nachdenken, wenn sie gefragt wird, was Bayern und Afrikaner miteinander verbindet. „Beide sind warmherzig, trinken gerne Bier und essen deftig“, sagt sie. Wetterich, die aus Kamerun stammt und seit mehr als 30 Jahren im Freistaat lebt, hat beide Kulturen nun auch in der Mode zusammengebracht: Dirndl mit einem traditionell bayerischen Schnitt, aber aus afrikanischen Stoffen mit kräftigen Farben und auffälligen Mustern sind das Ergebnis. Die Kleider verkauft Wetterich in einem Laden in München-Schwabing, den sie gemeinsam mit ihrer Schwester und einer Freundin betreibt. Helen Strong mustert sich im Spiegel.
Das Dirndl, das sie gerade anprobiert, sitzt noch etwas zu locker. Marie Darouiche, Wetterichs Schwester, steht hinter ihr, greift um die Schulter der Kundin und zieht den linken Träger des Kleids mit den Fingern leicht nach oben. Gleich nimmt Darouiche das Dirndl mit ins Atelier hinter dem Laden, um ihm die letzte Änderung zu verpassen. „Die Stoffe und Farben faszinieren mich“, sagt Strong, die aus England kommt und in München arbeitet. Ihr Kleid hat einen hellen Grundton, der einen Kontrast zu den Aufdrucken am Oberteil und den Bordüren des Rocks bildet.
Eigenes Geschäft seit März 2011
Hier mischen sich Muster und Verzierungen in Rot, Orange, Grün und Blau. Die ersten bayerisch-afrikanischen Dirndl hat die Schneiderin Marie Darouiche vor zweieinhalb Jahren entworfen. Es war ein Experiment, sie verfolgte damit kein bestimmtes Ziel. Eine Bekannte trug eines der Kleider auf einer Party, und es kam so gut an, dass Darouiche und Wetterich gleich die ersten Aufträge für weitere Dirndl erhielten.
Die Frauen gründeten schließlich das Modelabel NOH NEE – Suaheli für „Geschenk Gottes“ –, seit Mai 2011 haben sie ihr eigenes Geschäft. Die Kundinnen seien ganz unterschiedlich, erzählt Wetterich: „Von der gestandenen Bayerin bis zur Business-Frau ist alles dabei.“ Dass die Kleider in Handarbeit und zudem in Deutschland hergestellt werden, schlägt sich jedoch im Preis nieder, die Dirndl kosten zwischen 800 und 1.000 Euro.
Dirndl auf Indisch
ServiceAuch Anton Jell aus Poing bei München ist aufgefallen, dass Dirndl sich gut mit der Mode aus anderen Kulturkreisen kombinieren lassen. Während einer Reise in Indien kam ihm, seinem Bruder Sebastian Jell und seinem Cousin Ludwig Schmideder die Idee, das Dirndl mit dem indischen Sari, einem Wickelkleid für Frauen, zu kreuzen. Beinahe wäre ihr Projekt daran gescheitert, in Indien einen geeigneten Schneider zu finden.
„Der Dirndl-Schnitt war für die Inder natürlich vollkommen neu“, erzählt Jell. Techniken wie Röcke in Falten zu legen, beherrschten sie nicht. Nach einem Jahr der Suche stießen Jell und sein Team schließlich auf eine Schneiderei, die normalerweise Hochzeitskleider für den amerikanischen Markt herstellt und dadurch mit westlichen Schnitten vertraut war. Ein wenig Nachhilfe in bayerischer Mode war dennoch notwendig. Jells Großmutter, die bis zur Rente als Dirndl-Schneiderin arbeitete, reiste nach Indien und lernte die Schneider an.
Knallige Farben liegen im Trend
Seit etwa einem Jahr verkaufen die Jell-Brüder und ihr Cousin die Sari-Dirndl, Kleider aus glänzender Kunstseide in leuchtenden Farben, vor allem übers Internet. Dass der Erfolg der Dirndl auch mit den Bollywood-Filmen zusammenhängt, glaubt Anton Jell nicht. Seinem Eindruck nach ist der Indien-Bezug für die meisten Kundinnen gar nicht so wichtig. „Die Dirndl sind generell in den letzten Jahren bunter und knalliger geworden“, sagt er. Stoffe aus Afrika und Indien passen also zum bayerischen Trachten-Trend und werden das Oktoberfest in diesem Jahr bunter machen. (dapd)