Nicht nur in München herrscht große Betroffenheit darüber, dass FC-Bayern-Idol Gerd Müller, der „Bomber der Nation“, an Alzheimer erkrankt ist.
München.
Fußball-Deutschland ist bestürzt über die schwere Alzheimer-Erkrankung von Stürmerlegende Gerd Müller. „Die Krankheit von Gerd geht mir natürlich an die Nieren“, sagte Namensvetter und Nationalspieler Thomas Müller am Mittwoch der „Bild“-Zeitung. Der FC Bayern hatte am Dienstagabend öffentlich gemacht, dass der einstige Welt- und Europameister an der unheilbaren Krankheit leide und seit Anfang 2015 in einem Heim professionell betreut werde.
„Es ist furchtbar“, wurde der frühere Bayern-Präsident Uli Hoeneß in einer Biografie anlässlich von Müllers bevorstehendem 70. Geburtstag am 3. November zitiert. Müllers einstiger Auswahl-Kollege Uwe Seeler sagte bei „Sport1“: „Das Ganze macht mich einfach nur traurig.“
Kampf mit privaten Problemen
Mit seinen mehr als 600 Treffern hatte Müller den FC Bayern in den 70er Jahren an die europäische Spitze geschossen und der Nationalelf den EM-Titel 1972 sowie den Heim-Triumph bei der Weltmeisterschaft 1974 beschert. Etliche seiner Tor-Rekorde haben noch heute Bestand, für viele ist Müller der beste deutsche Stürmer der Geschichte.
Anders als einige seiner Teamkollegen von einst, allen voran die „Lichtgestalt“ Franz Beckenbauer, schaffte es Müller nach dem Ende der aktiven Karriere aber nicht, die Erfolge abseits des Feldes zu wiederholen. Private Schwierigkeiten und Alkoholprobleme in den 90ern setzten dem Publikumsliebling, dem „Bomber der Nation“, lange zu.
Heynckes: „Diese Krankheit ist das Schlimmste“
In der jüngeren Vergangenheit fing sich der gebürtige Schwabe dank der Hilfe seiner alten Weggefährten beim FC Bayern, war als Trainer an der Säbener Straße wieder in das Vereinsleben integriert. Doch dann kam die Diagnose Alzheimer.
„Es ist tragisch, wenn man sieht, dass sich solch ein wunderbarer Mensch nicht mehr selbstständig versorgen kann. Diese Krankheit ist das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann“, wurde Jupp Heynckes im Jubiläumsbuch „Gerd Müller Der Bomber der Nation.“ aus dem riva Verlag zitiert, das am 12. Oktober erscheint, der dpa aber bereits vorliegt und aus dem am Mittwoch auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland Auszüge druckte.
Letzter öffentlicher Auftritt Gerd Müllers 2013
Der FC Bayern bittet die Öffentlichkeit darum, die Privatsphäre Müllers und dessen Familie zu respektieren – wegen des bevorstehenden Geburtstags und der häufigen Anfragen wurde die Erkrankung nun publik gemacht. Eine Feier oder gar Gala werde es zum runden Geburtstag natürlich nicht geben. Beim Rekordmeister wusste man schon länger von der Diagnose, seit gut einem Jahr konnte Müller nicht mehr als Assistent der Regionalliga-Mannschaft arbeiten.
Beim letzten Auftritt in der Öffentlichkeit im August 2013 lächelte Müller tapfer, als er auf dem Podium der Hamburger Fischauktionshalle einen Preis für sein Lebenswerk erhielt. Nach der Laudatio nahm er den Award entgegen, sagte aber nichts. Bei Beobachtern hinterließ das ein mulmiges Gefühl, einige ahnten da schon, dass Müller krank ist.
FC Bayern stand Müller stets zur Seite
„Als ich Gerd letztens wieder einmal besucht habe, hat er mich erkannt, das habe ich gespürt“, sagte Co-Trainer Hermann Gerland von der Profi-Mannschaft, einst noch mit Müller für die Bayern-Amateure zuständig. „Ich habe ihm dabei Grüße von seinen ehemaligen Spielern ausgerichtet, speziell von Thomas Müller, David Alaba und Bastian Schweinsteiger. Da kamen Gerd die Tränen. Er hat geweint.“
Bayern bezeichnete es stets als menschliche Selbstverständlichkeit, Müller zur Seite zu stehen. Unabhängig ihre sportlichen Dominanz – oft als Arroganz gewertet – zeigen die Münchner immer wieder große Teilnahme an den Schicksalen ihrer Trainer, Betreuer oder Spieler, in der jüngeren Vergangenheit etwa bei Sebastian Deisler oder Breno.
Kein anderer Fußballer war für den FC Bayern aber so wichtig wie Gerd Müller, das sagt sogar „Kaiser“ Beckenbauer: „Was der FC Bayern heute darstellt, mit diesem Palast an der Säbener Straße… ohne Gerd Müller wären die Leute da immer noch in dieser Holzhütte von damals.“ (dpa)