Leverkusen.
Acht Jahre Dortmund. Acht Jahre Sven Bender. Charakterspieler, die Fußspitze Gottes, ein Star, der wie kaum ein anderer die Malocher-Mentalität des BVB verkörperte.
Plötzlich der Wechsel zu seinem Zwillingsbruder Lars und Bayer Leverkusen, für eine Ablöse von 15 Millionen Euro. Diese Redaktion traf den 28-Jährigen und sprach mit ihm über die Gründe des Wechsels, seine Gefühle nach dem Anschlag auf den Dortmunder Bus und seine neuen Ziele.
Das Interview:
Herr Bender, warum wechselt man von einem Champions-League-Klub zu einem Verein, der international nicht vertreten ist? Waren Sie unzufrieden beim BVB?
Sven Bender: Unzufrieden würde ich nicht sagen. Es gab aber eine Sache, die ich zuletzt nicht so oft gemacht habe: Auf dem Platz zu stehen. Für mich war in Leverkusen die Perspektive zu spielen größer.
In Dortmund war es oft der Fall, dass es hieß, ich sei verletzt. Dabei war ich gar nicht verletzt. Ich kam einfach nicht mehr zum Zuge.
Das heißt, Sie konnten spielen, aber Sie durften nicht?
Bender: Ich sage es mal so: Vielleicht war dieser Schritt jetzt auch mal notwendig, um den Stempel der Verletzungsanfälligkeit weg zu bekommen.
Mir war als kleiner Junge nur eines wichtig: Ich wollte auf dem Platz stehen und das machen, was ich geliebt habe: Fußball spielen.
Somit habe ich mich entschieden, die bessere Perspektive zu wählen.
Lag es an Ihrem Ex-Trainer Thomas Tuchel, dass Sie nicht mehr zum Zuge kamen?
Bender: Das ist jetzt Vergangenheit. Dazu möchte ich nichts sagen.
Eine neue Perspektive hätte Ihnen doch auch der neue Trainer Peter Bosz geben können. Wollte er das nicht?
Bender: Ich hatte die Entscheidung, Dortmund zu verlassen, bereits zuvor gefällt. Ich möchte nach acht Jahren einfach etwas Neues versuchen, einen neuen Reiz setzen.
Wechsel nach Leverkusen nicht wegen Lars Bender
Gab es auch andere Angebote?
Bender: Ich habe mich nur auf das Angebot von Leverkusen konzentriert. Das war die einzige Option, die für mich in Frage kam. Das hatte übrigens nichts mit meinem Bruder Lars zu tun.
Ich wollte nach all der Zeit in Dortmund zu einem Klub, bei dem ich das Gefühl hatte, dass ich gebraucht und geschätzt werde.
Sie standen für den BVB, sie galten als Mentalitätsmonster. Ihr Weggang wurde von der Fangemeinde betrauert…
Bender: (lacht) Es wäre ja schade, wenn es nicht so gewesen wäre. Für mich war es kein leichter Schritt. Es war eine sehr, sehr schwere Entscheidung.
Ich werde diese wunderbare Zeit in Dortmund nie vergessen. Ich wurde von den Fans geliebt und ich habe die Fans und den Klub geliebt.
Seit dem Pokalhalbfinale, als Sie gegen Bayern München mit einer unglaublichen Grätsche ein Tor verhinderten, heißt es über Sie: Der Fuß Gottes. Sie haben Geschichte geschrieben…
Bender: Das war eine coole Szene. Das macht mich stolz. Dass ich dem BVB damit geholfen habe, den Pokal zu holen, ist eine wunderbare Geschichte.
Ich hoffe, dass die Menschen das nicht vergessen. Wenn mein Name mit dieser Szene in Erinnerung bleibt, macht mich das happy.
Mit der Entscheidung Watzke und Zorc überrascht
Wie haben Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc reagiert, als Sie Ihnen erklärten, dass Sie gehen wollen?
Bender: Sie waren überrascht. Ich habe ihnen dann ein paar Tage Zeit gegeben, darauf zu reagieren. Wir haben uns danach noch ein paar Mal getroffen, um darüber zu sprechen.
Am Ende kamen wir überein, dass es für Sie schwer aber auch okay ist.
Sie hatten während Ihrer Dortmunder Zeit eine sehr enge Beziehung zu Ihrem Ex-Trainer Jürgen Klopp. Haben Sie Ihn in die Entscheidung eingeweiht. Haben Sie ihn um Rat gefragt?
Bender: Nein. Ich habe niemanden informiert oder einen Rat eingeholt. Diese Entscheidung habe alleine ich getroffen.
Und das mit vollster Überzeugung. Ich wollte einen Neuanfang.
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„Ich wollte einen Klub haben, der komplett anders ist als Dortmund“
Als der Anschlag geschah, saßen Sie im Dortmunder Mannschaftsbus. Nimmt Sie dieses schlimme Ereignis immer noch mit? Wie haben Sie es verarbeitet?
Bender: So ein Ereignis vergisst man nie. Bei mir war es so, dass ich direkt nach diesen Tagen eine extreme Dankbarkeit gefühlt habe. Vor diesem Anschlag hat man viele Dinge für selbstverständlich gehalten.
Danach habe ich genau diese Dinge viel mehr geschätzt. Ich hoffe, dass es lange anhält, dass man sich darauf besinnt, was im Leben wirklich wichtig ist.
Dankbar zu sein für das, was man hat. Dass es einem gut geht.
Dortmund ist Fußballkultur, 25 000 Fans stehen auf der legendären Südtribüne. Plötzlich ist alles eine Nummer kleiner. Erklären Sie uns das mal?
Bender: Es ist anders. Und genau das war mir wichtig. Ich wollte einen Klub haben, der komplett anders ist als Dortmund. Ich wollte nicht von Tag eins an alles miteinander vergleichen.
Lars hat mir natürlich viel erzählt und schnell wurde mir klar: Das könnte passen. Übrigens: Für mich ist Bayer kein kleiner Verein.
Vertragsgespräche ohne Berater
Haben Sie nicht auch daran gedacht, ins Ausland zu gehen?
Bender: Früher ja. Aber aufgrund meiner vielen Verletzungen war für mich klar, dass das keinen Sinn macht. Um ins Ausland zu gehen, musst du topfit sein.
Welche Ziele haben Sie nun?
Bender: Für Leverkusen war die letzte Saison ein schweres Jahr. Ich möchte die Mannschaft mit anführen, ich möchte vorangehen und dann wird man sehen, was dabei herausspringt.
Sie haben die Gespräche ohne Berater geführt. Warum?
Bender: Weil ich das typische Beratergeschäft nicht mehr brauche. Außerdem habe ich mich mit meinem Bruder ausgetauscht. Das hat gereicht.