Blasse Lippen, rote Haare, große Augen – Anna Ermakova ist erst 14, aber die Tochter von Boris Becker war bei der „Berliner Fashion Week“ ein Star.
Essen.
Mal im silbernen Glitzerkleid, mal im lila Fransenfummel, aber immer mit roter Wuschelmähne, blassem Schmollmund und dick geschminkten Wimpern stöckelt sie über den Laufsteg. Die Ähnlichkeit zu ihrem berühmten Vater ist nicht zu übersehen. Anna Ermakova, Tochter von Tennislegende Boris Becker, galt bei der Berliner Fashion Week als der Hingucker schlechthin. Denn aus dem einst belächelten Promi-Kind mit den großen Augen ist eine Art kleine Erwachsene geworden.
Anna ist gerade mal 14 Jahre alt, versucht aber, ihren älteren Kolleginnen à la Lena Gercke (26) in nichts nachzustehen. Lasziv in die Kamera blinzeln, mal nach links drehen, mal nach rechts. Kopf zurück, Schulter nach vorn und lächeln oder auch nicht – wie die Großen eben.
Papa findet: „Eine wunderschöne junge Dame“
Papa Becker hat sie schon überzeugt: „Was für eine wunderschöne junge Dame“, twittert der kurz nach dem Berliner Auftritt von Tochter Anna.
Nicht alle sehen die Model-Ambitionen der 1,78 Meter großen Russin so unkritisch. „Viel zu früh“, monieren die ersten. Eigentlich kein Problem, sagt hingegen eine Expertin. „Die Situation an sich ist nicht schlimm, solange es nicht mit einem massiven Leistungsdruck verknüpft wird“, sagt die Bochumer Diplom-Psychologin Christa Rüssmann-Stöhr. Anna, bald der nächste gefallene Kinderstar? So müsse es nicht kommen, „solange eine liebevolle Betreuung da ist. Ein Kind braucht nicht nur einen Antreiber, sondern auch jemanden, der es mal in den Arm nimmt.“
Mutter Angela Ermakova (46) ist selbst ein ehemaliges Model, bekannt wurde sie durch ihre sogenannte Besenkammer-Affäre mit dem Tennis-As. Das Ergebnis: Tochter Anna. Mama Angela drängte sie schon früh ins Rampenlicht, zog sie durch sämtliche Klatsch-Sendungen, wurde nicht müde, das kleine rothaarige Bündel auf ihrem Arm den Kameras entgegen zu strecken. Nun also Mini-Model wider Willen? „Das hier ist ein absoluter Traum, der für mich in Erfüllung gegangen ist. Alle meine Freundinnen träumen von einer solchen Chance“, versichert sie im Interview mit der „Bild“-Zeitung.
„Kinder können schon als Baby modeln.“
Kindermodels sind definitiv keine Seltenheit. Das weiß Nadine Dilly, Inhaberin der Kindermodel-Agentur LiLaLaune Kids. „Kinder können ab dem Babyalter anfangen zu modeln.“ Man müsse nur ein lustiges Umfeld schaffen. Glamourös gehe es dabei selten zu. Dilly vermittelt ihre jungen Klienten vor allem für Werbeshootings. „Der Alltag sind Aldi, KiK oder Ernsting’s Family.“ Doch auch dem Foto-Shooting für Aldi geht ein langer Bürokratie-Weg voraus, den die Eltern bewältigen müssen. Der Gang zum Kinderarzt, Absprachen mit der Schule, das Okay vom Jugendamt – Formulare über Formulare. Jobs für die Minderjährigen müssen zudem bei der Bezirksregierung angemeldet werden. So will es das Jugendarbeitsschutzgesetz.
Trotz der gesetzlichen Regelung hadert der Deutsche Kinderschutzbund mit dem Beruf des Kindermodels. Besonderes modelnde Kinder im Alter zwischen null und acht Jahren findet Friedhelm Güthoff, Geschäftsführer des Kinderschutzbundes für NRW, bedenklich. „Die Gefahr ist groß, dass hier nicht die Interessen des Kindes berücksichtigt werden, sondern die der Eltern im Vordergrund stehen.“ Vor allem die Castings sind dem Bund ein Dorn im Auge. „Hier gibt es keinerlei gesetzliche Regelungen. Das beanstanden wir seit Jahren“, mahnt Güthoff. Denn die Vorstellungsrunden fallen nicht unter Kinderbeschäftigung. „Hier ist der Blick des Staates notwendig.“
Auch den Fall Ermakova sieht Güthoff kritisch. Generell hätten Eltern von Promi-Kindern eine besondere Verantwortung. „Man fragt sich, ist das Kind ausreichend über die möglichen Konsequenzen seines Auftritts aufgeklärt, über den Stress und die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wird?“
Ein bisschen Kind ist Anna aber trotz ihres Karriereschubs noch geblieben. In einem Interview schwärmt sie von Tieren und gibt kleinlaut zu: „Natürlich war ich vor der Show aufgeregt. Ich sehe entspannt aus. Aber mein Magen fährt Karussell.“ Auch die After-Show-Party ließ das Mädchen sausen. Am nächsten Tag musste sie früh aufstehen. Die Schule stand wieder auf dem Plan.