- 12.005 Notrufe sind im Jahr 2016 bei der Bochumer Polizei ins Leere gelaufen
- Ein Anruf gilt als verloren, wenn der Anrufer nach fünf Sekunden auflegt
- Die Bochumer Polizei hält diese Zahlen für realistisch – und nennt Gründe dafür
Bochum.
Plötzlich war da dieser Knall. Dann noch ein einer. Meine erste Assoziation: Das sind Schüsse.
Ich war gerade auf der Autobahn auf dem Weg nach Bochum, als das passierte – weit und breit kein anderes Auto. Klar: Vielleicht kamen die Geräusche von einer Fehlzündung; vielleicht ein kaputter Auspuff irgendwo. „Aber was, wenn es doch Schüsse sind?“, dachte ich – und rief die Polizei: 110.
Doch niemand hob ab am anderen Ende. Ich ließ es klingeln, zehn Mal, elf Mal. Probierte es nochmal. Nichts.
Ich bin nicht der einzige, dem das 2016 passiert ist. Leser berichten uns immer wieder von ähnlichen Fällen. Eine Leserin erzählt uns, sie habe im Winter einen Mann auf der Straße liegen sehen, der ausgehen habe, als sei er möglicherweise tot. Als sie die Polizei rufen wollte, ging dort einfach niemand ran.
Das NRW-Innenministerium teilt mit: 12.005 Notrufe sind bei der Bochumer Polizei ins Leere gelaufen, 152.387 Anrufe wurden angenommen.
Wenn er nach fünf Sekunden vom Anrufer beendet wird, ist der Anruf verloren
Ein Notruf gilt als verloren und wird im System registriert, wenn er nach fünf Sekunden vom Anrufer beendet wird, ohne angenommen worden zu sein.
Pressesprecher der Polizei Bochum hält Zahlen für realistisch
Frank Lemanis von der Bochumer Polizei hält die Zahl von 12.005 Anrufen für „realistisch“. „Uns ist aber kein einziger unbeantworteter Notruf bekannt, der zu gravierenden Schäden geführt hat“, sagt er.
Auch unnötige Anrufe blockieren die Leitungen
Dazu komme, dass auch unnötige Anrufe die Leitungen blockieren. Anrufe etwa von bisweilen psychisch kranken Menschen, die am Tag 20 Mal anrufen, um Polizisten zu beschimpfen oder ein Taxi zu bestellen, sagt Lemanis.
Das ist allerdings kein spezielles Problem der Stadt Bochum. Auch andere Städte kennen dieses Problem.
An sieben Arbeitsplätzen sitzen zwischen vier und sieben Mitarbeiter
Ein weiteres Problem laut Lemanis: Zu wenig Personal in den Dienststellen. In Bochum arbeiten an sieben Arbeitsplätzen und je nach Einsatzaufkommen zwischen vier und sieben Mitarbeiter.
„Wenn man mal ehrlich ist, geht das natürlich nicht, dass ein Anruf ins Leere geht“, sagt Frank Lemanis. „Aber wie viele Menschen will man denn auf der Leitstelle haben, damit sowas nicht passiert? Wenn man acht Anrufe bei sieben Mitarbeitern hat, geht eben der achte ins Leere“.
Manche Anrufe müssen von zwei Polizisten bewältigt werden
Außerdem müssten manchmal auch Anrufe von zwei Kollegen bewältigt werden, weil der zweite Kollege bereits Einsatzkräfte koordiniert. „Wir versuchen aber natürlich alles und rufen auch zurück, wenn Notrufe nicht durchgegangen sind.“
Das ergibt Sinn. Denn an andere Dienststellen werden die Anrufe nicht weitergeleitet. Auch das geht aus der Mitteilung des Innenministeriums hervor. Die Bochumer Telefonanlage erfülle nicht die technischen Voraussetzungen einer automatischen Weiterleitung, heißt es dort.
Aber vielleicht ändert sich das bald. Denn insgesamt reichen „die bestehenden Räume hier nicht aus“, sagt Lemanis. „Das muss neu gebaut oder aufgestockt werden. Das dafür nötige Verfahren läuft bereits“. Es werde aber wohl noch Jahre dauern, bis der Bau vollendet ist.
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