Francesco Pianeta hatte sein Herz in die Hand genommen – aber in Runde sechs war Schluss. Wladimir Klitschko siegte durch technischen K.o und bleibt dreifacher Schwergewichtsweltmeister. Nach dem Kampf gab er sich diplomatisch – und prophezeite dem Gegner, dass der „bestimmt irgendwann Weltmeister“ werde.
Mannheim.
Irgendwann in der Nacht von Mannheim sagte Franceso Pianeta die entscheidenden Worte: „Ja, es geht mir wieder gut.“ Was der Box-Profi aus Gelsenkirchen meinte: Zumindest die Benommenheit durch die schweren Kopftreffer des dreifachen Schwergewichts-Weltmeisters Wladimir Klitschko (IBF, WBO, WBA) hatte nachgelassen. Nicht aber Pianetas Enttäuschung und Trauer über die Niederlage durch technischen K.o. in der sechsten Runde.
Pianeta hatte vor 13.000 Zuschauern in der Mannheimer Arena sein Herz in die Hand genommen und alles versucht. Aber es reichte nicht. Klitschko war der überlegene Mann im Ring. Sein Bruder Vitali, Weltmeister im Konkurrenz-Verband WBC, lobte den 37-Jährigen: „Wladimir hat den Kampf bestimmt und klug geboxt.“
Klitschkos Rechte hat eine Schlagkraft von 700 Kilogramm
Einerseits richtig, andererseits hat er das gemacht, was er im Ring immer macht: Er hielt seinen Gegner mit der linken Führhand wirkungsvoll auf Distanz und hämmerte zudem mit dieser Linken immer wieder Jabs auf die Deckung von Pianeta. Das Ziel dieser Taktik: Irgendwann schwinden dem Herausforderer durch das Trommelfeuer die Kräfte, dann knallen die ersten linken Jabs durch die Deckung an den Kopf, und kurz darauf packt Klitschko sein rechte Gerade aus und vollendet damit sein Werk. Eine Messung vor dem Kampf hat ergeben, dass Klitschko in dieser Rechten eine Schlagkraft von 700 Kilogramm hat. Das entspricht einem Aufprall eines Kleinwagens mit 45 Stundenkilometern.
Pianeta, zuvor in 29 Profi-Kämpfen unbesiegt, hatte einen Gegenplan ausgearbeitet. Der etwas kleinere Herausforderer wollte an Klitschko heran, ihn dann mit einer Linken erschüttern und genau in diesem Augenblick die Überraschung nutzen und den Weltmeister entscheidend treffen. Doch es gibt den Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
„Es war nicht mein Tag“, sagt Francesco Pianeta
Rechtsausleger Pianeta musste immer wieder durch den Jab-Hagel hindurch, um an Klitschko heran zu kommen. Er hielt diese Taktik genau zwei Runden durch. Am Ende der zweiten Runde sah man von unten am Ring bereits die Erschöpfung in seinen Augen. Ein Mann wie ein Baum, der innen aber bereits hohl war. Runde drei hielt der Gelsenkirchener noch durch, doch er wurde langsamer. In der vierten rutschte er aus und landete erstmals auf dem Ringboden. Keine Schlagwirkung!
Doch die kam kurz darauf. Zweimal zählte ihn der Ringrichter an. In der sechsten Runde stellte Klitschko den 28-Jährigen dann am Seil und bearbeitete ihn mit einem Schlagwirbel. Nach einem rechten Hammer zum Kopf ging Pianeta zu Boden. Genug! Ringrichter Ernest Sharif (USA) brach ab, die richtige Entscheidung.
„Es war nicht mein Tag“, sagte Pianeta später.
Klitschko lobt Pianetas „Kämpferherz“
Klitschko dagegen schaltete sofort nach Ende des Kampfes um auf Diplomat: „Franceso hat eine große Vorstellung geliefert“, so der Weltmeister. „Er hat ein wahres Kämpferherz, denn seinen größten Kampf hat er längst gewonnen.“ Damit meinte Klitschko den Hodenkrebs, den Pianeta vor drei Jahren nach einer Operation und einer Chemotherapie besiegt hatte.
An die Zukunft des Gelsenkircheners dachte Klitschko auch: „Er wird bestimmt irgendwann Weltmeister, so wie Emanuel Steward es ihm versprochen hat.“ Steward war bis zu seinem Krebstod im vergangenen Jahr Klitschkos Trainer. Einmal, als Pianeta als Sparringspartner im Trainingscamp des Champions in Österreich war, nahm Steward den Gelsenkirchener zur Seite. Er ließ ein Foto von sich und Pianeta machen und flüsterte ihm ins Ohr: „Du wirst der nächste Weltmeister.“ Wenn Pianeta sich heute daran erinnert, sagt er: „Mir läuft immer noch eine Gänsehaut den Rücken hinunter.“
Wladimir Klitschko soll WM-Titel gegen Alexander Povetkin verteidigen
Wie es bei ihm weiter geht, werden die kommenden Monate zeigen, dagegen ist bei Klitschko die Zukunft vorgezeichnet. Am 31. August soll er gegen den Russen Alexander Povetkin boxen. Beim üblichen Wett-Bieten um die Kampfrechte hat der russische Promoter Vlad Hrunov den Fight für 23 Millionen Dollar ersteigert. Nach den Regeln der Box-Verbände wird Klitschko davon 17 Millionen Dollar (rund 13 Millionen Euro) erhalten. Eine höhere Börse gab es für den Ukrainer noch nie zuvor.
Überhaupt gab es in der Box-Geschichte erst zwei Kämpfe, die für mehr Geld ersteigert wurden. Zum einen der WM-Kampf zwischen Mike Tyson und Evander Holyfield für 51 Millionen Dollar, zum anderen der Kampf zwischen Tyson-Bezwinger Buster Douglas und Evander Holyfield, der 1990 in Las Vegas für 31 Millionen Dollar über den Tisch ging.
Trotz der Rekordbörse sagt Klitschko vor dem Povetkin-Kampf: „Geld ist nicht meine Motivation. Meine Motivation ist mein Ego, und das ist noch hungrig.“