Duisburger Wilhelm Eimers fährt Ballon – und ist Weltmeister
Er ist viermaliger Weltmeister im Ballonfahren – und Weltrekordhalter im Gasballonfahren. Seine Begeisterung für den Sport begann vor Jahrzehnten. In unserer Serie stellen wir schräge Revier-Champions vor.
Gladbeck.
In dem Moment, wenn er die Bodenhaftung verliert, wenn die Welt unter ihm langsam kleiner wird, erlebt Wilhelm Eimers ein Hochgefühl. Geht er in die Luft, startet das Abenteuer. Wohin es den Duisburger und seinen Ballon dann führt, das weiß nur der Wind.
Er ist der Herr der Flieger – will so aber bitte nicht genannt werden: „Mit dem Ballon fliegt man nicht, man fährt. Es sind die gleichen physikalischen Gesetze wie bei der Schifffahrt“, erklärt der 65-Jährige. Wilhelm Eimers beherrscht sie wie kein Zweiter: Der Duisburger ist viermaliger Weltmeister und Weltrekordhalter im Gasballonfahren.
Ballonfahrer aus der ganzen Welt kommen nach Gladbeck
Seine Begeisterung für den Sport begann 1964, im Sommer an den Ruhrwiesen in Duisburg. Ganz in der Nähe, wo er mit seinen Freunden badete, landete ein Ballon. „Barfuß sind wir dorthin gelaufen“, erzählt er, „weil wir den Fahrern beim Aufräumen halfen, durften wir in kleine Höhen mitaufsteigen.“ Da war es um ihn geschehen. Rund zehn Jahre später machte er seinen Pilotenschein. Der Beginn einer steilen Karriere.
An einem verregneten Dienstag steht Wilhelm Eimers auf dem Feld in Gladbeck. Zwischen Minigolfplatz und Acker hat er sein Hauptquartier gefunden: das Leistungszentrum für Ballonsport. „Hier starten 50 Prozent aller Gasballon-Fahrten der Welt“, sagt er. Unter seiner Jacke lugt eine Krawatte mit Ballonmotiven hervor. Rund 20 Stück hat er im Schrank. Aus vielen Ländern kommen die Fahrer, um von Eimers, der auch Ausbilder ist, zu lernen. Ob Gas- oder Heißluftballon – Eimers beherrscht beides. Doch mit der Gasvariante hat er seine Erfolge gefeiert.
Der Weltmeisterballon von Eimers kostet 80 000 Euro
Angetrieben wird sein Ballon mit 1000 Kubikmeter Wasserstoff, beschwert mit Sandsäcken, die zur Höhenregulierung je nach Windverhältnissen geleert werden. Insgesamt kostet ein Ballon wie ihn Eimers fährt 80 000 Euro. Prämien für die großen Siege gibt es keine mehr – „dafür 3000 Euro Nenngeld“, sagt Eimers. Trotzdem hält es den ehemaligen Brandschutzmeister nicht am Boden.
An diesem Nachmittag wird es aber nichts mit der Fahrt. Zu regnerisch, zu schlammig. Eimers pfeift. Einmal. Zweimal. „Gordon?“, ruft er. Dann kommt ein kleiner Jack Russell Terrier angerannt: Gordon, Gordon Bennett. Benannt nach dem größten Rennen der Ballonfahrer. Wer den Cup gewinnt, ist Weltmeister. Eimers hat das viermal, zuletzt 2014, geschafft. Mit seinem Co-Piloten Matthias Zenge legte er in 61 Stunden 1410 Kilometer von Vichy (Frankreich) nach Syrakus (Sizilien) zurück. „Das war eine knappe Nummer“, erinnert sich Eimers, „der Franzose Vincent Leys – mein ärgster Rivale – hatte sich mit uns über das Mittelmeer getraut. Bis zum Schluss lagen wir gleich auf. Ich wollte erst runter, wenn er zur Landung ansetzt. Das hat geklappt.“
Ordentlich durchgerüttelt landete der Weltmeister in einem Feld. Und was sagte der Bauer des unfreiwillig gepflügten Ackers? „Ach, der hat sich mit uns gefreut“, sagt Eimers. Echte Abenteurer helfen ja auch beim Aufräumen.
Der Traum von der Russland-Fahrt
Durch seinen Sieg 2014 holte Eimers den Gordon-Bennett-Cup 2016 nach Deutschland, nach Gladbeck. Natürlich will er den Titel verteidigen. Vielleicht noch einmal mit einem Rekord? Den stellte er 1995 mit Bernd Landsmann auf. Von Wil in der Schweiz fuhr das Team bis nach Lettland und landete nach 92:11 Stunden. In mehreren Tausend Metern Höhe, eingepfercht in einen Korb, klein wie eine Duschkabine. Wie lebt es sich da? Was isst man? Drive In? Wohl eher Fly away. „Wir packen natürlich Verpflegung ein: Brot, Wurst, Obst und ganz viel Wasser“, sagt Eimers. Bei gewissen anderen Bedürfnissen ist es dann wie mit den Sandsäcken: Ballast muss von Bord. Aus Eimern über die Reling. Fertig. „Man kann sich daran gewöhnen“, sagt er lachend.
Ans Aufhören denkt Eimers ohnehin nicht. „Das ist ein Gefühl der Freiheit“, sagt er, „die Probleme da unten wirken von oben so unwichtig.“ Sein größter Traum? „Eine weite Fahrt Richtung Russland – wie die großen Fahrer zur Jahrhundertwende.“ Doch für so eine Fahrt ist die politische Lage zu unsicher. Ein Problem, das auch von oben nicht kleiner wird.