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Psychologe und Menschenfänger

Psychologe und Menschenfänger

Bochum. 

Am Dienstag gibt’s was auf die Gabel beim VfL Bochum. Peter Neururer bittet die Mitarbeiter der Geschäftsstelle zu Tisch – mit „Ata“ Lameck, der „Kultfigur“, sozusagen als Ehrengast. Die Reihen werden geschlossen im Abstiegskampf. Neururer ist in diesen Tagen mehr als nur ein Trainer, er ist vor allem Hoffnungsträger. Und dazu: Propagandist, Psychologe, Menschenfänger. Seine Devise nach dem 2:0-Sieg in Cottbus lautet: „Punkte mitnehmen, Spiel aufarbeiten, für Aufbruchstimmung sorgen.“

Ohne breite Unterstützung, glaubt der 57-Jährige, wird es ihm und der Mannschaft schwer fallen, die Klasse zu erhalten, denn „wir haben noch nichts erreicht und dürfen keinen Millimeter nachlassen“. Er denkt an seine Schalker Zeit zurück, an die „Wiedergeburt“, wie er es nennt. Damals „waren wir eigentlich schon abgestiegen“ – und dann kamen sie doch noch, die Fans, machten das Stadion voll und zeigten damit, dass sie nicht nur darüber redeten Schalker zu sein. „Alleine“, sagt Neururer jetzt, „schaffen wir das nicht“. Bislang wurden 14000 Tickets verkauft für den kommenden Freitag. Dann kommt der FC St. Pauli, dann könnte man der noch zarten und äußerst empfindlichen Pflanze namens Hoffnung eine Extradosis Wachstumshormon verpassen. 22000, 24000 Leute im Stadion, das wäre es doch; wenn es schon nicht ganz voll wird.

Neururer verbreitet Hoffnung und Optimismus, aber er ist kein Träumer. Die sportliche Leistung in Cottbus, jenseits der Grundtugenden und der psychologischen Betrachtung, bewertet er nüchtern. Er attestiert der Mannschaft „Leidenschaft und Bereitschaft“, aber darüber hinaus, so sagt er, gebe es ein „paar Sachen zu besprechen“. Das darf man ausnahmsweise für stark untertrieben halten. Denn nicht zu übersehen waren in der Lausitz individuelle Aussetzer wie Slawo Freiers Querpass vor dem eigenen Strafraum in Stiepermanns Füße und der komplett missglückte, etwas panisch anmutende Rettungsversuch von Jonas Acquistapace, der Fomitschow eine unerwartete und gottlob ungenutzte Chance bescherte.

Und das von technischen Fehlern und Kopflosigkeit geprägte Konterspiel gegen einen immer weiter aufrückenden und damit die Abwehr einladend öffnenden Gegner war schlicht gruselig. Dazu addiert sich bei dem einen oder anderen der fatale Hang zur meist brotlosen Kunst. „Mein Prinzip ist: Immer vom Leichten zum Schweren“, sagt Neururer – und lächelt.

Dass Peter Neururer seit seiner feierlichen Inthronisation beim VfL Bochum alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, mag der verunsicherten Mannschaft nach sieben sieglosen Spielen und nach dem Debakel gegen Aue in dieser schwierigen Woche vor Cottbus sogar geholfen haben. Dennoch habe er sich bei eben jener Mannschaft „dafür entschuldigt“. Man werde auch mal „gemeinschaftlich verlieren, und dann kriege ich allein auf die Fresse“. Es klingt wie ein Versprechen.