Tausende Tonnen Fertig-Lasagne müssen vernichtet werden, weil in ihnen Pferdefleisch entdeckt wurde. Den Pferdemetzgern hat der Skandal anscheinend nicht geschadet – die Nachfrage sei so groß wie sonst in der Weihnachtszeit, sagt zum Beispiel Rossschlachterin Carola Brenig aus Recklinghausen.
München.
Pferdemetzger Werner
Jausch entschuldigt sich, aber er kann jetzt wirklich nicht mehr telefonieren.
Er habe Kunden zu bedienen. Auch Heike Hobbold und Carola Brenig sind kurz
angebunden. Die Rossschlachter haben deutlich mehr zu tun als sonst. Seit dem Pferdefleisch-Skandal bleiben die Kunden bei ihnen nicht etwa aus – es kommen
sogar mehr. „Das hat uns auch gewundert“, sagt Hobbold. Die Menschen seien
offenbar neugierig geworden.
„Das ist wie im Weihnachtsbetrieb“, schwärmt Brenig, die eine Rossschlachterei in Recklinghausen führt. Als der Skandal auf dem Höhepunkt war,
habe sie gemerkt, dass mehr Kunden kommen. Seitdem verkauft sie gut doppelt so
viele Würste, Filets und Steaks wie sonst. Brenig glaubt, dass ihre Produkte
auch wegen der Medienberichte plötzlich so beliebt sind. Schließlich wurde auch
immer wieder über vorbildliche Pferdemetzger
geschrieben. Auch über Brenig und ihren Laden wurde schon berichtet.
Skandal machte Pferdefleisch in der Öffentlichkeit bekannt
Trotzdem scheint es paradox, dass gerade jetzt mehr Pferdefleisch
verkauft werden soll. Schließlich ging es um Verbraucher-Betrug, billige
Fertigprodukte und falsch deklarierte Ware – all das unter dem Namen „Pferdefleisch-Skandal“. Für Christine Hepp von der Bayerischen Akademie für Werbung und
Marketing ist das Interesse an Pferdefleisch verständlich: „Mediale
Berichterstattung weckt unterschwellige Bedürfnisse“, erklärt die
Marketing-Expertin. Menschen hätten schon beim Einkaufen Produkte im Kopf, die
sie als positiv einstuften. Allerdings gebe es hier zwei Lager: diejenigen, die
Pferdefleisch gern einmal probieren wollten und die, die sich angeekelt wegdrehten.
Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie würden 42 Prozent der
Deutschen bei klarer Kennzeichnung Pferdefleisch kaufen. Für den Deutschen
Fleischer-Verband eine realistische Einschätzung. „Was wir hier mitbekommen von
den Pferdefleischern, haben die keine Einbrüche. Sondern im Gegenteil: Sie stoßen bei vielen Verbrauchern, die das bisher gar nicht wahr genommen haben, eher auf Interesse“, sagt Hauptgeschäftsführer Martin Fuchs.
Dortmunder Pferdemetzger rechnet nur mit kurzfristiger Wirkung
Für eine abschließende Beurteilung sei es zwar noch zu früh. Aber das
Erste, was man aus den Betrieben höre, sei positiv. „Ich glaube, dass dieser
Skandal doch dazu führt, dass die Leute eher mal auf die Idee kommen, sich mit
Pferdefleisch überhaupt auseinanderzusetzen.“ Andere Pferdemetzger sehen den Trend
zwar auch, glauben aber nicht an seine langanhaltende Wirkung. Schließlich sei
das bei anderen Lebensmittelskandalen genauso gewesen. „Ich gehe davon aus, dass
das eine kurzfristige Aktion ist“, sagt ein Schlachter aus Dortmund – „Das
verläuft sich auch wieder“, formuliert ein Anderer. (dpa)