Zwei Stunden lang standen die vier Telefone in der NRZ-Redaktion nicht still. Jede Menge Fragen konnten die RheumatologenDr. Thomas Pauly, Dr. Volker Nehls, Dr. Robert Van EndeundDr. Stefan Ewerbeckam Gesundheitstelefon von NRZ und dem Rheinischen Rheuma-Zentrum in Meerbusch beantworten.
An Rhein und Ruhr.
Zwei Stunden lang schellten die vier Telefone in der NRZ-Redaktion ununterbrochen. Jede Menge Fragen konnten die vier Rheumatologen Dr. Thomas Pauly, Dr. Volker Nehls, Dr. Robert Van Ende und Dr. Stefan Ewerbeck am Gesundheitstelefon von NRZ und dem Rheinischen Rheuma-Zentrum in Meerbusch beantworten. Hier eine Auswahl:
Frage: Ich höre und lese immer wieder, dass Rheuma, in diesem Fall eine chronische Polyarthritis, heilbar sei. Stimmt das?
Antwort: Das stimmt leider nicht. Die chronische Polyarthritis ist eine Erkrankung, die dauerhaft behandelt und beobachtet werden muss.
Trotz moderner Medikamente (Biologica) ist mein Handgelenk seit vier Monaten wieder dick. Auch ist es um die Sehnen herum geschwollen. Was ist zu tun?
Auch wenn in der Zeit moderner Medikamente Operationen seltener geworden sind, sind sie aber immer noch notwendig. Durch die Medikamente werden die Entzündungen eingedämmt, so dass man sehr genau hinsehen muss, um die Ursache Ihrer Beschwerden zu finden. Wenn Ihre Medikamente optimal eingestellt sind, bleibt nur die Möglichkeit einer Operation. Dabei wird die entzündlich veränderte Schleimhaut entfernt. Durch die Entfernung wird einer weiteren lokalen Zerstörung entgegengewirkt.
Ich bin 80 Jahre alt und leide unter Polymyalgia Rheumatica. Ich habe zuerst 20 mg Cortison bekommen und bin nun auf 5 mg runter. Aber ich leide seit einiger Zeit zunehmend an Muskelkrämpfen in den Beinen.
Muskelkrämpfe sind als Nebenwirkung nicht selten. Dagegen können Sie Magnesium nehmen oder aber das Mittel Limptar, das ist das gute alte Chinin.
Ich bin erst 22 Jahre alt. Im April hat man bei mir chronische Polyarthritis festgestellt. Ich habe bereits fast alle gängigen Medikamente ausprobiert, darunter Quensyl, Arava, MTX, und habe sie alle wieder ausgebrochen. Keiner weiß weiter. Meine Finger sind geschwollen, Beine, Rücken, alles schmerzt. Ich nehme jetzt 10 mg Cortison und alles an Schmerzmitteln, was ich kriegen kann. Ich bin oft krank geschrieben, und meine Ausbildung als Kinderpflegerin leidet sehr darunter.
Da muss schnell was passieren, Ihnen muss ganz schnell geholfen werden. Geben Sie uns Ihre Telefonnummer, wir machen mit Ihnen einen Termin in der Klinik aus!
Ich bin 64 und habe Arthritis, Arthrose und eine Schleimbeutelentzündung und Wasser in den Füßen und in den Knien. Nun will mein Arzt mir das Wasser herausziehen und Hyaluronsäure spritzen. Aber das kostet 300 Euro pro Knie. Die habe ich gar nicht!
Ganz ehrlich? Lassen Sie es sein. Das kostet viel Geld, bringt ein bis zwei Monate Erleichterung, und dann fängt alles wieder von vorne an. Die Ursachen werden nicht behoben. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt eine Überweisung in die nächste Rheumaklinik geben, damit sie stationär eingestellt werden. Jeder Hausarzt kann eine solche Überweisung schreiben.
Ich habe seit acht Wochen rheumatische Arthritis. Ich habe erst vier Wochen Cortison bekommen, dann Methotrexat. Ich habe aber gehört, dass dieses Präparat viel Negatives hat. Soll ich es absetzen?
Das ist das wichtigste Rheumamittel, und den meisten Patienten hilft es wirklich gut. Aber wenn Sie es nicht vertragen, muss man nach Alternativen suchen. Wichtig ist, dass die Blutwerte regelmäßig kontrolliert werden. Vielleicht sind manche Leute skeptisch, weil Methotrexat auch zur Chemotherapie bei Krebspatienten genutzt wird. Da ist dann die Dosis aber sehr viel höher — mit entsprechenden Nebenwirkungen.
Frage: Ich bin Rheuma-Patient und soll von Prednisolon auf MTX umgestellt werden. Mir machen die Nebenwirkungen Angst.
Antwort: Methotrexat (MTX) gibt es bereits seit 1951. Es ist eines der wichtigsten Rheumamittel, die wir derzeit haben – und wird weltweit auch am häufigsten eingesetzt. Natürlich machen die auf einem Beipackzettel aufgezeigten Nebenwirkungen Angst, keine Frage. In der Praxis ist das Medikament aber sehr sicher. Wenn die Laborwerte ansteigen, muss es allerdings abgesetzt werden. Wichtig ist, dass Ihre Werte zunächst alle 14 Tage, danach im Rhythmus von vier Wochen von einem Rheumatologen überprüft werden.
Frage: Seit 25 Jahren habe ich ein Taubheitsgefühl in beiden Füßen. Durch einen Bandscheibenvorfall vor zehn Jahren habe ich nun das Gefühl, dass die Taubheit immer schlimmer wird.
Antwort: Sie sollten bei einem Nervenarzt einmal die Nervenleitfähigkeit überprüfen lassen. So kann er feststellen, ob und wo Ihre Nerven geschädigt sind und ob dies die Ursache Ihrer Beschwerden ist.
Frage: Ich habe eine Fehlstellung am großen Zeh. Was kann ich tun?
Antwort: Natürlich kann ein guter Chirurg alles begradigen. Auch eine Fehlstellung am großen Zeh. Wichtig ist aber, dass Sie sich vorher überlegen, ob Sie durch das Operations-Ergebnis einen Gewinn haben werden. Also nicht nur, dass der Fuß wieder schöner (und wie von früher gewohnt) aussieht, sondern auch, dass Sie schmerzfrei laufen können. Frauen sind bei der Optik ihre Füße übrigens sensibler als Männer.
Frage: Ich werde oft nachts zwischen drei und fünf Uhr wach und habe Schmerzen in den Fingern. Es kribbelt auch. Wenn ich dann die Finger schüttele, wird es besser. Was kann das sein?
Antwort: Es könnte sich um ein Karpaltunnel-Syndrom handeln. Wenn die Sehnenscheiden sich um die Beugesehnen verdicken, kneifen sie den Nerv. Das kann unter Umständen auch der Beginn eines entzündlichen Rheumas sein. Bitte klären Sie das mit einem Nervenarzt ab, er kann die Nervenströme messen. Bei milden Formen hilft eine konservative Behandlung. Bei schwereren Formen muss der Nerv durch einen kleinen Schnitt entlastet werden. Bei dieser Operation sollte auch das die Sehnen umgebende Gewebe überprüft werden, ob es Hinweise für ein entzündliches Rheuma zeigt .
Frage: Ich habe seit 20 Jahren Rheuma. Jetzt ist meine Schulter kaputt und ich soll operiert werden. Ich möchte aber die Operation noch hinauszögern. Was soll ich machen?
Antwort: Das beste Gelenk ist das eigene, auch wenn es nicht mehr so funktioniert wie früher. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man mit diesem Gelenk nicht mehr zu Recht kommt – das ist der Zeitpunkt zur Entscheidung für einen Gelenkersatz. Wenn eine solche Operation unumgänglich ist, sollte zunächst überprüft werden, ob und welche Ihrer Medikamente vorher abgesetzt werden müssen. Wichtig ist, dass Sie sich an eine Klinik wenden, die mit einer solchen Operation und auch mit der medikamentösen Behandlung des entzündlichen Rheumas umfangreiche Erfahrung hat. Es sollten also Rheuma-Chirurgen sein. Mit einigen ihrer speziellen Rheumamedikamente sollte vor einer Operation pausiert werden, anderen dürfen nicht ausgesetzt werden.
Frage: Ich leide an Gelenkrheuma und bin hier in Duisburg in der Klinik behandelt worden. Seit zwei Jahren nehme ich MTX in Verbindung mit 5 mg Prednisolon (Cortison) pro Tag. Ich vertrage die Medikamente ganz wunderbar und es ist alles gut gelaufen, aber ich überlege, ob man die Dosis nicht reduzieren kann. Man hört von Cortison doch so allerhand…
Antwort: Alles unter 7.5 mg Cortison ist nicht bedenklich. Allerdings haben Sie recht, es gibt auch Patienten, die mit dem Methotrexat (MTX/Entzündungsbasistherapie) alleine auskommen. Sprechen Sie darüber mit ihrem Arzt.
Frage: Ich bin 76 am 13. August 2013 ins Krankenhaus gekommen, weil ich plötzlich nicht mehr laufen und sehen konnte. Ich habe hochdosiert Cortison bekommen. Die Nebenwirkungen halten sich in Grenzen, ich bekomme aber sehr schnell blaue Flecken auf den Armen.
Antwort: Sie haben großes Glück gehabt. Sie haben eine Arteriitis temporalis (Gefäßentzündung der Schläfenartherien), die in vielen Fällen zur Erblindung führen kann. Da muss man ganz hochdosiert mit Cortison rangehen, insofern ist das alles richtig gelaufen. Die blauen Flecken sind zwar lästig, aber harmlos.
Frage: Ich leide unter Fibromyalgie (Schmerzen in der Muskulatur und um die Gelenke herum), und die Schmerzen werden immer schlimmer. Ich nehme mittlerweile 3 bis 5 mal täglich 800-Ibuprofen als Schmerzmittel und 50 mg Amitiptylin (Antidepressivum). Was kann ich machen, zumal ich erst am 9. Februar 2015 wieder einen Termin mit meinem Rheumatologen habe?
Antwort: Sie sprechen ein großes Problem an. Es gibt viel zu wenig niedergelassene Rheumatologen, deshalb sind die Wartezeiten so lang! Ansonsten – das Amitiptylin ist der richtige Weg, Ich würde Ihnen noch das Mittel Lyrica empfehlen, aber es ist bisher erst in USA zugelassen und in Deutschland noch nicht. Sprechen Sie mit Ihrer Krankenkasse. Cymbalta wäre auch eine Alternative. Schmerzmitteln in dieser Höhe sind grenzwertig – das müssen ihre Nieren und ihre Leber erst einmal mitmachen!
Frage: Ich bin 82 Jahre alt und seit 69 Jahren Diabetiker vom Typ 1. Seit 40 Jahren habe ich eine Polyarthritis. Ich nehme schon lange 12,5 mg MTX und 5 mg Cortison und mir ging es sehr lange gut. Seit 5 oder 6 Jahren aber habe ich öfter mal Schwindel, ich bin manchmal müde und niedergeschlagen, es fällt mir alles so schwer, obwohl ich immer noch Funktionstraining mache mit Ergotherapeuten und mit 1,70 68 Kilo wiege…
Antwort: Mit 82 Jahren und diesen Erkrankungen darf man dann auch schon mal ein bisschen „Verschleiß“ im Körper haben. Sie haben bisher alles richtig gemacht, vor allem was die Bewegung und die Ernährung anbelangt. Bitte achten Sie auf Ihre Nierenwerte. Wenn die ansteigen, muss man mit dem MTX runtergehen.
Frage: Meine Mutter sitzt im Rollstuhl und hat Schuppenflechte. Nun hat sie auch Gelenkschmerzen im ganzen Körper. Der Arzt hat auch Rheuma getippt, hat aber nichts gefunden im Blut.
Antwort: Ihre Mutter hat vermutlich eine Psoriasis-Arthritis (die Schuppenflechte begleitende Gelenkentzündung). Diese Patienten haben keinen Rheumafaktor, weil man es im Blut nicht sieht, heißt es oft, sie haben kein Rheuma. Bitte machen Sie einen Termin mit einer Rheumaklinik.
Frage: Ich bin 80 Jahre alt und habe seit ein paar Jahren Knubbel im Hüftbereich. Die tun auch oft weh. Ist das Rheuma?
Antwort: Das muss nicht so sein. Das sind oft Lipome. Das sind gutartige Fettgeschwülste. Man sollte nachprüfen, ob die Schmerzen vielleicht woanders herkommen. Ihr Hausarzt sollte sich das aber angucken.
Frage: Vor einem Jahr bekam ich starke Rückenschmerzen. Dann wurde Morbus Bechterew diagnostiziert, eine schmerzhafte chronische Wirbelentzündung. Ich hatte eigentlich geplant, mir eine Eigentumswohnung zu kaufen. Jetzt hab ich Sorge, dass ich irgendwann arbeitsunfähig werde und die Schulden nicht abbezahlen kann. Kann ich denn in 20 Jahren noch als Lehrer arbeiten.
Antwort: Wenn die Wirbelknochen jetzt noch nicht versteift sind, ist die Prognose wahrscheinlich gut. Physiotherapie ist wichtig. Sorgen Sie dafür, dass die Wirbelsäule schön gerade bleibt. Es kann sein, dass Sie später vielleicht mal ein paar Tage ausfallen. Aber das kann einem in einem langen Arbeitsleben ja auch mit anderen Krankheiten mal passieren. machen Sie sich bitte nicht zu schlechte Gedanken.