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Der Schatz aus Scheidingen

Der Schatz aus Scheidingen

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Welver/Olpe. 

Der Boulevard wäre um Schlagzeilen nicht verlegen:

„Wunderkind aus Welver gräbt Mittelalter aus. Archäologen sprachlos. Spatenverbot verhängt. Goldschatz vor der Haustür?“

Was wirklich passiert ist? Lesen Sie selbst – ohne Verkürzung und Spekulation.

Dem Ehepaar Franz (64) und Marilies (53) Seithe wird seine Tochter unheimlich. Mit einem Freund vom Werler Mariengymnasium, Marc Ackerschott (18), zieht die 14-jährige Samantha los. Immer und immer wieder.

Mit der T-Stange aus Eisen, vom Vater konstruiert, den Spaten griffbereit, verbringt sie Stunden und Tage auf dem Feld, stochert im Boden herum. Wo? Quasi fast im heimischen Garten. Auf dem Acker nahezu vor der Haustür im Dorf Scheidingen. Alle 30 Zentimeter rammt sie ihr Werkzeug in die Erde. Das Gelände ist keine Parzelle. Es ist zehn Hektar groß.

Begnadete Fährtenleserin

Warum das alles? Weil die Schülerin, Leistungskurs Geschichte, hier das Mittelalter vermutet. Nicht einfach so. Nein. Sie ist eine begnadete Fährtenleserin, studiert akribisch schriftliche Zeugnisse, sucht Überreste des einstigen Schlosses von Scheidingen – und stößt auf steinerne Zeugnisse einer Siedlung betuchter Landsleute aus dem Mittelalter. Das ist der Zeitpunkt, an dem ihre Mutter die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe einschaltet. Nicht, um das Vorgehen des Nachwuchses zu stoppen. Nein, das nicht. Nur – die Suche nach der Vergangenheit sollte in geordneten Bahnen verlaufen.

Womit? „Mit Recht“, sagt Eva Cichy, Ausgrabungsleiterin der Außenstelle Olpe der Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). „Es kann nicht jeder mit dem Spaten losziehen und ein Loch buddeln. Man braucht Genehmigungen. So ist die Rechtslage.“ Die 44-Jährige schmunzelt in sich hin. Warum? Weil die Freude über die Funde riesengroß ist. „Ohne Samantha“, sagt Eva Cichy, „hätten wir diese Fundstelle nie entdeckt.“

Die Expertin ordert Verstärkung, macht, ganz ordnungsgemäß, ein Projekt daraus. Studenten der Uni Bochum verstärken die heimische archäologische Spürnase bei den Ausgrabungen. Mit Erfolg. Sie stoßen auf zahllose historische Spuren, in der Flur Stemmwerk.

Seltenes Pilgerzeichen

„Wir haben das Fundament einer zwölf Meter langen Mauer ausgegraben“, sagt die Schülerin, „einen Brunnen entdeckt, Scherben von Keramikgefäßen und Tierknochen gefunden.“ Wer glaubt, es handelt sich um belanglose Fundstücke, der irrt. Archäologin Eva Cichy: „Die Keramikgefäße, sogenanntes Siegburger Steinzeug, konnten sich früher nur begüterte Menschen leisten.“

Zeitlich siedelt sie das „aufgemachte Fenster in der Landschaft“ ins 13. Jahrhundert an. Kein Sensationsfund? „Doch. Wir haben ein Pilgerzeichen gefunden, das auf den Schrein der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom hinweist. Davon gibt es in Deutschland vier Stück aus dieser Zeit.“ Schnell verschwindet die Kostbarkeit wieder in der Schatulle. Noch zwei Wochen wird weiter gebuddelt, gesichtet und gesichert. Und der Goldschatz? Von dem war am Montagvormittag nie die Rede.