Das französische Gastmahl, die italienische Geigenbaukunst und indische Gesänge haben es schon geschafft. Jetzt sollen auch deutsche Bräuche unter Unesco-Schutz kommen. Karnevalisten von Aachen bis Düsseldorf wollen ihr Fest zur Aufnahme vorschlagen.
Düsseldorf.
Das französische Gastmahl, die italienische Geigenbaukunst und indische Gesänge haben es schon geschafft. Jetzt sollen auch deutsche Bräuche unter Unesco-Schutz kommen. Neben Köhlerhandwerk oder dem Chorgesang soll auch unser rheinischer Karneval zum Weltkulturerbe werden. Darauf haben sich Vertreter der Karnevalsorganisationen aus Aachen, Bonn, Düsseldorf und Köln verständigt. Gemeinsam wollen sie sich um die Aufnahme in das Immaterielle Kulturerbe bei der Unesco bewerben.
Hält die Menschheit wie eine Klammer zusammen
Der Karneval sei ein echtes Volksfest, das im Rheinland seit Jahrhunderten gefeiert werde, hieß es in der Erklärung. In allen sozialen Schichten und Altersgruppen halte der Karneval die Menschen wie eine Klammer zusammen. In der reichen Städtelandschaft sei aus den bis ins Mittelalter zurückreichenden Bräuchen Anfang des 19. Jahrhunderts der bürgerliche Karneval entstanden. Der zentrale Umzug mit dem Prinzen Karneval als Personifizierung des Frohsinns und andere Festelemente würden bis heute in nahezu unveränderter Form in weiten Teilen Deutschlands organisiert.
Die vier Städte verweisen in ihrer gemeinsamen Bewerbung auf ihre jeweiligen Schwerpunkte. Da werden für Aachen der Kinderkarneval genannt, Bonn verweist auf seine einzigartige Weiberfastnacht der Beueler Wäscherinnen, und die Kölner rühmen sich für den größten Festumzug Europas.
Als Schwerpunkte für Düsseldorf werden das Hoppeditz-Erwachen zum Auftakt der Session sowie die politisch ambitionierten Mottowagen hervorgehoben von Künstler Jacques Tilly. Sollte die Bewerbung angenommen werden, sehen Düsseldorfs Narren-Oberen dies als beträchtlichen Prestige-Gewinn. „Wir hätten wesentlich verbesserte Vermarktungs-Chancen. Und es würden sich bei Sponsoren völlig neue Türen öffnen“, sagt Hans-Peter Suchand, Karnevalssprecher in der Landeshauptstadt. Seine Hoffnung: Womöglich könne man auch Geldmittel aus kulturellen Fördertöpfen oder von der Unesco selbst bekommen.
Zeichen von gelebterWeltoffenheit
In Duisburg ist man etwas verstimmt. „Wir haben von dem Vorstoß der Aachener, Bonner, Kölner und Düsseldorfer erst aus den Medien erfahren“, so Bodo Malsch, Sprecher des Landesverbandes Rechter Niederrhein, zu dessen Region unter anderem die Städte Duisburg, Essen und Oberhausen gehören. „Prinzipiell ist jede Stärkung des Brauchtums zu begrüßen, aber es ist schon merkwürdig, dass der Rhein für die Initiatoren offenbar erst bei Bonn beginnt und bei Düsseldorf endet.“
„Der Karneval ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in unseren rheinischen Metropolen, sondern auch ein sichtbares Zeichen von gelebter Weltoffenheit“, sagt Heike Döll-König, Geschäftsführerin von „Tourismus NRW“. Schon jetzt habe der Karneval aus touristischer Sicht eine enorme wirtschaftliche Bedeutung. Aus Untersuchungen wisse man, dass Unesco-Welterbestätten einen besonderen Reiseanlass darstellen. Die Tourismus-Werberin ist überzeugt: „Der Welterbestatus könnte dazu beitragen, dieses weltweit einmalige Brauchtum auch im Ausland noch bekannter zu machen.“ Deutschland war dem internationalen Abkommen im April beigetreten. Noch bis Ende November können sich Vereine, Verbände und Brauchtumsorganisationen bei den Kultusministerien der Länder um die Aufnahme auf die Liste bewerben. Dann folgt ein mehrstufiges Auswahlverfahren.