Wenn andere Maler zu Pinsel und Leinwand greifen, hält David Hockney routiniert sein iPad in den Händen. Der berührungsempfindliche Tablet-PC dient dem britischen Künstler als Malinstrument. Aber Hockney ist kein aufstrebender Nachwuchskünstler auf der Suche nach Neuem. Nein, Hockney ist 75 Jahre alt und seit Jahrzehnten einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler der Welt.
Köln (dapd). Wenn andere Maler zu Pinsel und Leinwand greifen, hält David Hockney routiniert sein iPad in den Händen. Der berührungsempfindliche Tablet-PC dient dem britischen Künstler als Malinstrument. Aber Hockney ist kein aufstrebender Nachwuchskünstler auf der Suche nach Neuem. Nein, Hockney ist 75 Jahre alt und seit Jahrzehnten einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler der Welt. Seinem jüngsten Werk widmet das Museum Ludwig in Köln ab Samstag eine riesige Ausstellung.
Die Schau mit rund 300 Werken war zuvor in ähnlicher Form in der Londoner Royal Academy zu sehen und hatte mit 650.000 Besuchern dort einen Rekord gebrochen. Der Titel „A Bigger Picture“ – Ein größeres Bild – ist Programm. Es sind monumentale Landschaftsgemälde, die meist aus mehreren Leinwänden bestehen. Ein Teil der Bilder sind Abzüge aus seinen iPad-Kreationen, andere hat er mit Öl gemalt. „A Bigger Picture“ ist sein Alterswerk, das macht die Ausstellung so interessant.
Eigentlich ist der im britischen Yorkshire geborene Hockney mit seinen farbenfrohen Swimmingpool-Bildern aus den 1960ern bekannt geworden. Damit verkörperte er den lockeren „Californian Way of Life“. Anschließend folgten Fotocollagen aus Dutzenden Polaroids. Ende der 90er kehrte er aus Los Angeles zurück in seine ländliche Heimat. Regelmäßig besuchte er seinen todkranken Freund und entdeckte während der Fahrten die Liebe für die Landschaftsmalerei.
Mit der klassischen Landschaftsmalerei haben seine Arbeiten aber nicht viel gemein. Er bietet eine Art Popversion an. Leuchtend-grüne Farben bestimmen jedes seiner Gemälde. In ganzen Serien malt Hockney die gleiche Situation nur zu verschiedenen Tages- oder Jahreszeiten. Ein Mal sitzt er mit seiner Staffelei oder seinem modernen Tablet-PC auf einer Weggabelung, ein anderes Mal schaut er über ein Feld auf eine Baumreihe. Auf einem Bild kommen Schatten dazu, auf einem anderen liegt Schnee.
Immer wieder spielt er mit verschiedenen Fluchtpunkten. Die Zentralperspektive wird infrage gestellt. Häufig passen die zusammengesetzten Leinwände nicht optimal aufeinander. Dann gibt es Brüche. Manche Arbeiten wirken fast naiv wie etwa „Garrowby Hill“. Hier geht es Serpentinen herab, die sich verbiegen wie eine Achterbahn. Menschen sind meist Fehlanzeige. Allein die Landschaft interessiert. Bei seiner großformatigen Version der Bergpredigt taucht er den Hügel in Vulkanrot, der See strahlt türkisblau.
Manche rücken Hockney wegen der starken Farben – Wege und Baumstämme zeichnet er manchmal auch lila – in Richtung Pop Art. Andere verweisen auf seine Bezüge zu Vincent van Gogh oder Pablo Picasso.
Unterschied erst in der Nähe
Im amerikanischen Yosemite Nationalpark war er mit seinem Mini-Computer unterwegs. Souverän streicht er mit dem Finger über seinen Touchscreen, malt immer wieder drüber oder verwischt. Mit dem Malprogramm kann er zwischen Dutzenden Farben wählen. Ein Resultat hängt großformatig in der Ausstellung. Mit Spezialgeräten lässt Hockney seine Computer-Malerei auf Leinwände drucken. Aus der Ferne sieht es aus wie ein übliches Ölgemälde. Der Wasserfall wird erst ein wenig pixelig, wenn man nah genug davor steht.
Von Anfang an hat Hockney die neue Technik in sein Herz geschlossen. Schon früh morgens setzt sich der „Kunst-Experimentator“ an seinen Tablet-PC, zeichnet erste Entwürfe und verschickt sie als E-Mail an Freunde und Bekannte. Der Vorteil der Technik: Er braucht keine Farben mehr, muss nicht viel tragen und kann jeden Schritt rückgängig machen. Als die Tablet-PCs noch nicht auf dem Markt waren, bediente er sich der Smartphones, die einen nur vergleichsweise winzigen Touchscreen haben.
Doch der ergraute Technikfreund geht noch weiter. Seit jüngster Zeit hat er sich den Multi-Fokus-Filmen verschrieben. Dazu montiert er Kameras an seinen Jeep und lässt den Wagen langsam durch die Natur rollen. Die HD-Filme werden dann auf neun oder achtzehn Bildschirmen zu einem ganzen Bild zusammengefügt. Ein beeindruckendes Panorama entsteht.
(http://www.museum-ludwig.de )
dapd
2012-10-25 12:45:48.0